19.05.2015

Keine Vermutungswirkung für Berliner Mietspiegel

Der Berliner Mietspiegel 2013 ist nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden, weshalb ihm keine gesetzliche Vermutungswirkung gem. § 558d Abs. 3 BGB zukommt. Aufgrund der festgestellten fehlerhaften Extremwertbereinigung konnte der Mietspiegel auch nicht als sog. einfacher Mietspiegel i.S.v. § 558c Abs. 1 BGB zur Ermittlung der Vergleichsmiete herangezogen werden.

AG Charlottenburg 11.5.2015, 235 C 133/13
Der Sachverhalt:
Die Beklagten hatten im Juni 2002 eine Wohnung der Klägerin mit einer Gesamtwohnfläche von 131,71 m² gemietet. Das Haus, in dem sich die Wohnung befindet, wurde im Jahr 1904 errichtet. Die Wohnung ist mit Sammelheizung, Bad und Innen-WC ausgestattet. Die Wohnung verfügt zudem über eine moderne Küchenausstattung sowie über ein zweites Bad mit Dusche. Die Badezimmereinrichtung selbst ist ebenfalls modern. Im Erdgeschoss des Hauses, befindet, ist ein Restaurant, das in der warmen Jahreszeit Tische und Stühle auf den vor dem Haus befindlichen Bürgersteig stellt. Auf der anderen Seite grenzt das Haus ebenfalls an ein Restaurant.

Die Nettokaltmiete betrug im Februar 2010 rund 800 €. Die Nettokaltmiete i.H.v. 853,21 € war seit fünfzehn Monaten vor dem 11.2.2013 unverändert. Danach verlangte die Klägerin von den Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete auf 946,99 €. Dem Mieterhöhungsverlangen waren die wohnungsbezogene Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem online-Rechner der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung des Landes Berlin als Ausdruck und die Berechnung der Kappungsgrenze sowie ein Gutachten beigefügt. Das Gutachten gelangte für den Stichtag 19.6.2012 für die Wohnung der Beklagten zu einer ortsüblichen Nettokaltmiete i.H.v. 946,99 €.

Die Beklagten weigerten sich, dem Mieterhöhungsverlangen zuzustimmen. Sie waren der Ansicht, zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete sei auf den Berliner Mietspiegel 2013 als qualifizierten Mietspiegel zurückzugreifen. Wenn der Mietspiegel schon kein qualifizierter Wille des Gesetzes sei, so müsse er aufgrund der größeren Datenmenge, die ihm zu Grunde liegen würde, zumindest als einfacher Mietspiegel zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete herangezogen werden.

Das AG gab der Klage vollumfänglich statt. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Beklagten sind aufgrund des Mieterhöhungsverlangens der Klägerin vom 11.2.2013 gem. § 558 Abs. 1 BGB verpflichtet, einer Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihnen innegehaltene Wohnung von bisher 853,21 € auf 946,99 € zuzustimmen.

Der Berliner Mietspiegel 2013 ist nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden, weshalb ihm keine gesetzliche Vermutungswirkung gem. § 558d Abs. 3 BGB zukommt. Die von den Erstellern des Mietspiegels vorgenommene Extremwertbereinigung war nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden erfolgt. Dadurch waren relevante vergleichbare Mieten in dem hier maßgeblichen Mietspiegelfeld K 1 (Altbau, bezugsfertig vor 1918, Größe der Wohnung über 90 m², mittlere Wohnlage, mit Sammelheizung, Bad und WC in der Wohnung) mit Mieten von 7 € bis 11 € pro m² zu Unrecht als Wucher eingestuft worden und unberücksichtigt geblieben. Außerdem entsprach die Einordnung der verschiedenen Wohnlagen in die Kategorien "einfach", "mittel" und "gut" nicht anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen.

Aufgrund der festgestellten fehlerhaften Extremwertbereinigung konnte der Mietspiegel auch nicht als sog. einfacher Mietspiegel i.S.v. § 558c Abs. 1 BGB zur Ermittlung der Vergleichsmiete herangezogen werden. Vielmehr musste dies durch Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens erfolgen. Nach dem Gutachten war davon auszugehen, dass die ortsübliche Vergleichsmiete 7,23 € pro Quadratmeter beträgt und daher das Mieterhöhungsverlangen der klagenden Vermieterin begründet war.

AG Charlottenburg