Kindergeldanspruch eines Gewerbetreibenden bei fiktiver unbeschränkter Steuerpflicht
KurzbesprechungEStG § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 49, § 15, § 1 Abs. 3
Im Streitfall lebte der polnische Anspruchsberechtigte mit seiner Familie in Polen und war in Deutschland monatsweise selbständig im Baugewerbe tätig. Für das Streitjahr 2012 beanspruchte er u.a. für den Monat Mai Kindergeld. In dieser Zeit arbeitete er auf einer Baustelle und erzielte gewerbliche Einkünfte. Das Entgelt erhielt er hierfür erst im August 2012.
Die Familienkasse vertrat die Auffassung, dass das Kindergeld nur für diesen Monat und nicht für den Monat Mai, in dem keine Einnahmen zugeflossen waren, zu berücksichtigen sei. Dies sahen nach erfolglosem Einspruchsverfahren FG und nachfolgend im Revisionsverfahren der BFH jedoch anders und gaben dem Anspruchsberechtigten Recht..
Der Kindergeldanspruch setzt in Fällen dieser Art u.a. die antragsgemäße Behandlung des Ausländers als fiktiv unbeschränkt steuerpflichtig und den Aufenthalt der Kinder im Inland oder im EU-Ausland voraus. Auch wenn der Ausländer regelmäßig für das ganze Jahr nach § 1 Abs. 3 EStG als fiktiv unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und sich aus dem entsprechenden Einkommensteuerbescheid nicht ergibt, in welcher Zeit er inländische Einkünfte erzielt hat, ist für den Kindergeldanspruch allein das in § 66 Abs. 2 EStG verankerte Monatsprinzip entscheidend.
Liegen Einkünfte aus einer selbständig ausgeübten Tätigkeit vor, ist bei einem zeitweise selbständig Tätigen auf die inländische Tätigkeit und nicht auf den Zufluss des Entgelts abzustellen. Der BFH machte deutlich, dass damit sichergestellt wird, dass der Kindergeldanspruch nicht von Zufälligkeiten oder selbst gewählten Gestaltungsformen abhängt.
Beraterhinweis: Der BFH hatte bisher bereits entschieden, dass es bei zeitweise nichtselbständig tätigen Steuerpflichtigen wie z.B. Saisonarbeitern für den Kindergeldanspruch auf den Zufluss des Lohnes ankommt. Ob er hieran weiterhin festhält, ließ er in der aktuellen Entscheidung ausdrücklich offen.
BFH, Urteil vom 14.3.2018, III R 5/17, veröffentlicht am 4.6.2018