Klarstellender Beschluss des Vollstreckungsgerichts zur Nichtberücksichtigung des Unterhaltsberechtigten bei der Berechnung des pfändbaren Betrags
BGH 28.9.2017, VII ZB 14/16Der Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil des AG T. in Griechenland. Er beantragte im August 2015 den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen die Schuldnerin bzgl. der Pfändung mehrerer Forderungen der Schuldnerin gegenüber Drittschuldnern, hierunter das Arbeitseinkommen der Schuldnerin. Dabei stellte der Gläubiger einen Antrag auf Nichtberücksichtigung von Unterhaltsberechtigten gem. § 850c Abs. 4 ZPO mit der Begründung, die Schuldnerin zahle keinen Unterhalt für ihre Kinder, die auch nicht bei der Schuldnerin leben würden.
Das AG - Vollstreckungsgericht - wies den Gläubiger darauf hin, dass eine Anordnung nach § 850c Abs. 4 ZPO nur für den Fall möglich sei, dass der Unterhaltsberechtigte eigenes Einkommen habe. Der Gläubiger beantragte daraufhin mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten im September 2015 den Erlass eines klarstellenden Beschlusses über die Anordnung der Nichtberücksichtigung der Kinder bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens der Schuldnerin gem. § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO.
Das AG wies den Antrag zurück und half der sofortigen Beschwerde des Gläubigers nicht ab. Das LG wies die sofortige Beschwerde zurück. Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers hob der BGH die Beschlüsse von AG und LG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG zurück.
Die Gründe:
Das LG geht zutreffend davon aus, dass eine Anordnung der Nichtberücksichtigung von Unterhaltsberechtigten bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens nicht auf § 850c Abs. 4 ZPO gestützt werden kann, wenn der Schuldner keinen Unterhalt zahlt. Vielmehr ergibt sich bereits aus § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO, dass sich der unpfändbare Anteil des Arbeitseinkommens des Schuldners nur erhöht, wenn der Schuldner tatsächlich auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung Unterhalt leistet. Eine entsprechende Anwendung des § 850c Abs. 4 ZPO kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte keinen Unterhalt erhält, nicht mit der Situation vergleichbar ist, in der er ein eigenes Einkommen erzielt.
Entgegen der Auffassung des LG kann der Gläubiger jedoch einen klarstellenden Beschluss des Vollstreckungsgerichts verlangen, dass der Unterhaltsberechtigte bei der Berechnung des pfändbaren Betrags nach § 850c Abs. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen ist, wenn der Schuldner an den Unterhaltsberechtigten keinen Unterhalt leistet. Der Antrag des Gläubigers richtete sich für die Pfändung von Arbeitseinkommen auf Erlass eines Blankettbeschlusses, der gem. § 850c Abs. 3 S. 2 ZPO wegen der Berechnung der pfändbaren Beträge auf die Anwendung der Tabelle zu dieser Vorschrift verweist. Die allgemein gefassten Angaben in einem solchen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss können im Einzelfall zu Unklarheiten führen.
In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass Schuldner, Gläubiger und Drittschuldner ein Rechtsschutzbedürfnis haben, derartige Unklarheiten durch Anrufung des Vollstreckungsgerichts zu beseitigen. Dieses hat dann eine klarstellende Entscheidung zu treffen, die den Blankettbeschluss ergänzt und konkrete Berechnungskriterien für den Drittschuldner aufzeigt. Das Vollstreckungsgericht kann dabei auf Antrag eines Beteiligten auch eine Feststellung über die zu berücksichtigenden unterhaltsberechtigten Angehörigen mit Hilfe eines klarstellenden Beschlusses treffen. Funktionell ist der Rechtspfleger bei dem Vollstreckungsgericht zuständig, § 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG.
Ein klarstellender Beschluss sichert den Drittschuldner ab, dessen Zahlung zur Erfüllung im Verhältnis zu Gläubiger und Schuldner führt, wenn er sich an den Beschluss hält. Dies dient auch dem Gläubiger, der bei fehlender Berücksichtigung von Unterhaltsberechtigten aufgrund klarstellenden Beschlusses einen höheren Betrag des Arbeitseinkommens des Schuldners überwiesen erhält. Der Senat konnte in der Sache nicht selbst entscheiden. Es ist bislang nicht festgestellt, ob der zulässige Antrag des Gläubigers von September 2015 auch begründet ist. Die Sache war daher an das AG - Vollstreckungsgericht - zurückzuverweisen, § 577 Abs. 4 S. 1, § 572 Abs. 3 ZPO.
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