18.01.2018

Kosten für Dauertestamentsvollstreckung als Werbungskosten

Kosten für eine auf Dauer angelegte Testamentsvollstreckung können bei den aus der Verwaltung des Nachlasses erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abgezogen werden.

Kurzbesprechung
BFH v. 8.11.2017  IX R 32/16

EStG § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1
BGB § 2209, § 2216 Abs. 1

Die Steuerpflichtige war Alleinerbin ihrer verstorbenen Mutter. Im Nachlass befanden sich zwei vermietete Mehrfamilienhäuser und umfangreiches Kapitalvermögen. Die Erblasserin hatte Testamentsvollstreckung für die Dauer von 20 Jahren angeordnet und bestimmt, dass der Testamentsvollstrecker als Vergütung für jedes Jahr 1,5 % vom Bruttonachlass erhalten solle. Der Nachlass hatte im Zeitpunkt des Erbfalls einen Bruttowert von über 5 Mio. €. Davon entfielen 19,33 % auf den Grundbesitz und 80,67 % auf das Kapitalvermögen. Der Testamentsvollstrecker berechnete der Steuerpflichtigen von Anfang an monatlich 5.000 € zuzügl. Umsatzsteuer und bestimmte selbst den Zeitpunkt der Fälligkeit. Dadurch kam es zu unterschiedlich hohen jährlichen Belastungen.

Die Steuerpflichtige machte die Vergütung des Testamentsvollstreckers als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend und teilte sie zunächst (bis 2008) nach dem Verhältnis der Nachlasswerte im Zeitpunkt des Erbfalls auf. Ab 2009 begehrte sie die Berücksichtigung von 90 % der Aufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, da 90% der vom Testamentsvollstrecker aufgewandten Zeit auf die Verwaltung der Mehrfamilienhäuser entfallen würde.

Das FG hielt dagegen eine Aufteilung der Vergütung für die Testamentsvollstreckung nach den Wertverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls für allein zutreffend.

Der BFH kam dagegen zu einem anderen Ergebnis. Er stellte zunächst heraus, dass Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung mit den aus dem Nachlass zu erzielenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und je nach Einkunftsart entweder als Werbungskosten oder als Betriebsausgaben berücksichtigt werden können. Da im Streitfall Dauertestamentsvollstreckung angeordnet war, bestand die Aufgabe des Testamentsvollstreckers im Hinblick auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses (vgl. § 2216 Abs. 1 BGB). Der Testamentsvollstrecker hatte insofern ähnliche Aufgaben wie ein Hausverwalter. Die dafür anfallenden Kosten führen daher bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu Werbungskosten. Soweit dem Hausverwalter auch die Erhaltung der Substanz obliegt, dient dies vor allem der im Vordergrund stehenden Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Eine Aufteilung findet insofern nicht statt.

Entsprechendes gilt auch für die Veranlassung der Vergütung durch die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen. Auch insofern führen die Gebühren für eine Dauertestamentsvollstreckung zu Werbungskosten, die allerdings seit 2009 nicht mehr abgezogen werden dürfen (§ 20 Abs. 9 Satz 1 EStG).

Sind Aufwendungen durch mehrere Einkunftsarten veranlasst, sind sie nach Maßgabe ihrer jeweiligen Veranlassung auf die Einkunftsarten aufzuteilen. Ist eine anteilige Zuordnung nicht möglich, sind sie der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt. Maßgebend sind insoweit die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls.

Im Streitfall war die einheitliche Vergütung für die Testamentsvollstreckung in erster Linie veranlasst durch die Höhe des Verwaltungsvermögens, denn danach richtet sich der Anspruch des Testamentsvollstreckers. Eine Aufteilung nach dem Zeitaufwand des Testamentsvollstreckers kommt dagegen ebenso nicht in Betracht wie eine Aufteilung nach der Höhe der Einkünfte.

Der BFH machte jedoch deutlich, dass der maßgebliche Veranlassungszusammenhang nicht statisch zu verstehen ist, sondern die Zusammensetzung des Nachlasses in jedem einzelnen Veranlagungszeitraum. zu berücksichtigen ist. Dabei ist auf die Verkehrswerte des im Nachlass befindlichen Vermögens abzustellen. Soweit diese Werte im Einzelfall nicht sicher genug ermittelt werden können, sind (nur) sie zu schätzen (§ 162 AO). Vor diesem Hintergrund wurde der Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Verlag Dr. Otto Schmidt