20.02.2015

Kriminalbehörde kann von einem Drogendealer nach einem Scheinkauf das verwendete Geld zurückverlangen

Das "Vertrauen" eines Drogenhändlers, dass sein Käufer kein Scheinkäufer, sondern Rauschgifthändler ist, kann nicht als schutzwürdig angesehen werden. Scheinkäufe sind ein legitimes Mittel der Prävention und Strafverfolgung, infolgedessen ist das Handeln einer Kriminalbehörde durch einen beauftragten Scheinkäufer in sittlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

KG Berlin 12.2.2015, 27 U 112/14
Sachverhalt:
Der Beklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Er hatte sich auf einen Verkauf von ca. 45 kg Cannabisharz für knapp 50.000 € an einen Scheinkäufer des Kriminalamts eingelassen. Später forderte das Land, vertreten durch den Präsidenten des Kriminalamtes, von dem beklagten Drogenhändler die Rückzahlung von 49.350 €. Dieses Geld hatte der Scheinkäufer dem Drogenhändler gegen Erhalt der Drogen übergeben. Die vom Kriminalamt mit diesem Scheinkauf beabsichtigte Aufdeckung von Hintermännern war erfolglos geblieben. Der Drogenhändler konnte nachfolgend zwar festgenommen werden; das Geld war allerdings nicht mehr auffindbar.

Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung der klagenden Behörde hob das KG nun das erstinstanzliche Urteil auf und gab der Klage statt. Die Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Gründe:
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Wertersatz der übergebenen 49.350 € aus § 817 S. 1 i.V.m. § 818 Abs. 2 BGB zu.

Das "Vertrauen" des Beklagten, dass sein Käufer kein Scheinkäufer, sondern Rauschgifthändler sei, konnte nicht als schutzwürdig angesehen werden. Der Beklagte konnte auch nicht geltend machen, er habe lediglich als Bote für die Hintermänner gehandelt. Dies gilt selbst dann, wenn er das Geld nur für kurze Zeit in seinem Besitz gehabt hatte.

Der Rückzahlung stand auch nicht der § 817 S. 2 BGB entgegen. Danach ist zwar ein Rückforderungsanspruch ausgeschlossen, wenn beiden Seiten ein Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen die guten Sitten vorgeworfen werden kann. Der Scheinkäufer hatte sich aber nicht nach den Vorschriften des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln strafbar gemacht, da er keinen Handel mit Rauschgift gewollt hatte. Vielmehr diente der Scheinkauf dem Zweck, das Cannabis aus dem Verkehr zu ziehen wie nachfolgend geschehen.

Ebenso wenig hatte er den Beklagten zum Scheinkauf angestiftet. Vielmehr hatte dieser sich aus eigenem Entschluss nach einem Abnehmer des Rauschgifts umgehört. Letztlich war das Handeln des Kriminalamtes durch den beauftragten Scheinkäufer in sittlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Denn Scheinkäufe sind ein legitimes Mittel der Prävention und Strafverfolgung.

KG Berlin PM v. 19.2.2015