23.08.2016

Kundenkollision im Supermarkt - Schuld und Mitverschulden

Macht ein Kunde in einem Supermarkt einen Rückwärtsschritt und bringt hierbei einen anderen Kunden zu Fall, der an ihm vorbei gehen will, kann es gerechtfertigt sein, beide Beteiligten hälftig für den bei der Kollision entstandenen Schaden haften zu lassen. Kunden in Supermärkten müssen mit Hindernissen verschiedenster Art rechnen, weil diese dem Treiben dort immanent sind.

OLG Hamm 6.6.2016, 6 U 203/15
Der Sachverhalt:
Die heute 63 Jahre alte Klägerin und die Beklagte hatten im April 2012 als Kundinnen einen Supermarkt am Körner Hellweg in Dortmund aufgesucht. In einem Gang des Supermarktes machte die Beklagte beim Abbiegen von einem Haupt- in einen Seitengang einen Schritt rückwärts, ohne sich zuvor umzusehen. Nach ihren Angaben wollte sie eine ihr entgegen kommende Verkäuferin mit einer sog. Ameise nebst einer Palette vorbeilassen.

Durch die Rückwärtsbewegung kam es zum Zusammenstoß mit der Klägerin, die aus einem Seitengang kommend die Beklagte an der Seite ihres Rückens hatte passieren wollen. Die Klägerin stürzte und zog sich einen Ellenbogenbruch zu, der operativ versorgt werden musste. Später verlangte sie von der Beklagten - nach vorgerichtlich gezahlten 2.800 € - weiteren Schadensersatz, u.a. ein weiteres Schmerzensgeld von 9.700 € und die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden.

Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG die erstinstanzliche Entscheidung teilweise abgeändert und die Schadensersatzklage im Hinblick auf den Feststellungsantrag für teilweise erfolgreich erklärt.

Die Gründe:
Dem Grunde nach haftet die Beklagte zu 50 % für den der Klägerin entstandenen Schaden.

Die Beklagte hat die Körperverletzung der Klägerin durch ein schuldhaftes Verhalten herbeigeführt. Sie war aus dem Hauptgang des Supermarktes zunächst in Richtung eines Seitenganges abgebogen, hatte dann ein Schritt zurückgemacht, ohne sich zuvor umzusehen, wodurch sie mit der Klägerin kollidierte, die hierdurch stürzte. Dabei hatte die Beklagte sich nicht lediglich sozialadäquat verhalten. Denn wegen der in einem Supermarkt bestehenden Kollisionsgefahr mit anderen Kunden oder von diesen benutzten Einkaufswagen bewegt sich ein verständiger Kunde im eigenen Interesse nicht rückwärts von einem Regal in den Gang zurück, ohne sich zuvor umzuschauen. Zumindest muss er in einem solchen Fall mit Hindernissen verschiedenster Art rechnen, weil diese dem Treiben im Supermarkt immanent sind.

Allerdings traf die Klägerin ein hälftiges Mitverschulden an dem Unfall, da sie ebenso wie die Beklagte zu der Kollision beigetragen hatte. Schließlich hatte sie beim Passieren der Beklagten ihrerseits nicht auf deren Bewegungen geachtet. Hierdurch hat sie ebenso wie die Beklagte gegen die beschriebenen Sorgfaltspflichten eines Kunden beim Besuch eines Supermarkts verstoßen.

Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens und der im Prozess bewiesenen Verletzungsfolgen stand der Klägerin letztlich ein Schmerzensgeld i.H.v. 1.500 € sowie ein Haushaltsführungsschaden von 500 € zu. Da sie vorgerichtlich bereits einen höheren Geldbetrag erhalten hatte, war ihr kein weiterer Zahlungsbetrag mehr zuzusprechen und der Feststellungsantrag lediglich (teilweise) erfolgreich.

OLG Hamm PM vom 22.8.2016
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