Kündigung einer Betriebswohnung wegen Verwirkung unwirksam
AG München v. 8.2.2019 - 472 C 22568/18
Der Sachverhalt:
Der Beklagte hat Anfang 2006 eine öffentlich geförderte Wohnung mit einer Wohnfläche von 24,7 qm von der Landeshauptstadt München angemietet, die ihrerseits die Wohnung von einer Wohnungsbaugesellschaft angemietet hatte. Der Beklagte arbeitete bei Abschluss des Mietvertrages als Assistenzarzt im Klinikum Bogenhausen, infolgedessen wurde ihm die Wohnung als Dienstwohnung vermietet. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Landeshauptstadt München endete Mitte 2007. Mit Schreiben vom 29.1.2018 kündigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten das Mietverhältnis wegen Betriebsbedarfs zum 31.10.2018.
Die Klägerin war der Ansicht, dass der gewerbliche Zwischenmietvertrag zwischen der Landeshauptstadt München und der Rechtsvorgängerin der Klägerin seit dem 30.6.2006 beendet und die Klagepartei in das Mietverhältnis mit dem Beklagten als Vermieterin eingetreten sei. Schließlich überweise der Beklagte ihr mittlerweile die Miete, habe ihrem Mieterhöhungsverlangen zugestimmt und mit ihr die Betriebskosten abgerechnet.
Der Beklagte war hingegen der Auffassung, dass schon kein Mietvertrag mit der Klägerin existiere und die Kündigung jedenfalls gegen Treu und Glauben verstoße, da das Arbeitsverhältnis des Beklagten mit der Landeshauptstadt München unstreitig schon seit dem Jahr 2007 beendet und bis Januar 2018 keinerlei Kündigung ausgesprochen worden sei. Er sei mit Erstwohnsitz noch bei seiner geschiedenen Ehefrau und den Kindern gemeldet, wohne aber allein in der streitgegenständlichen Wohnung, die er als juristischer Laie erst um einiges später als Zweitwohnsitz gemeldet habe.
Das AG hat die Klage auf Räumung wegen Betriebsbedarfs abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Die Klägerin war zu keiner Zeit Arbeitgeberin des Beklagten, weshalb von vornherein ein Betriebsbedarf ausschied. Demgemäß ist nämlich anerkannt, dass bei einer Veräußerung einer Werkwohnung die Verfügungsmacht des Dienstberechtigten über die Wohnung endet, so dass das Mietverhältnis mit dem Erwerber fortgesetzt wird, der sich auf einen Betriebsbedarf nicht mehr berufen kann.
Die Kündigung war darüber hinaus auch gem. § 242 BGB wegen Verwirkung unwirksam, da das Arbeitsverhältnis des Beklagten mit dem Klinikum Bogenhausen seit dem Jahr 2007 beendet war und die Klägerin erst im Jahr 2018 eine Kündigung wegen bestehendem Betriebsbedarfs wegen des Wegfalls der Arbeitsstelle des Beklagten ausgesprochen hat. Ein Recht ist nämlich verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach den gesamten Umständen des Einzelfalles, insbesondere dem Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht gelten machen werde. Insofern hat der Beklagte ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass der Mietvertrag als unbefristetes Mietverhältnis fortgeführt wird, da die Klägerin erst rund elf Jahre nach Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten eine ordentliche Kündigung in Bezug auf die Werkmietwohneigenschaft ausgesprochen hatte.
Das offensichtlich auf Seiten der Klägerin und der Vorvermieterin (Landeshauptstadt München bzw. Klinikum Bogenhausen) bestehende eklatante Kommunikationsdefizit, das dazu geführt hatte, dass die Klägerin erst im Jahr 2018 Kenntnis von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Beklagten erhalten hat, konnte naturgemäß nicht zu Lasten des Beklagten wirken. Vielmehr durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die Klägerin die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade nicht als Kündigungsgrund heranziehen wollte, da innerhalb der elf Jahre auch mehrfach mietvertragliche Nachträge und Verhandlungen über einen neuen Mietvertragsschluss zwischen den Parteien geführt worden waren.
AG München PM vom 2.8.2019
Der Beklagte hat Anfang 2006 eine öffentlich geförderte Wohnung mit einer Wohnfläche von 24,7 qm von der Landeshauptstadt München angemietet, die ihrerseits die Wohnung von einer Wohnungsbaugesellschaft angemietet hatte. Der Beklagte arbeitete bei Abschluss des Mietvertrages als Assistenzarzt im Klinikum Bogenhausen, infolgedessen wurde ihm die Wohnung als Dienstwohnung vermietet. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Landeshauptstadt München endete Mitte 2007. Mit Schreiben vom 29.1.2018 kündigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten das Mietverhältnis wegen Betriebsbedarfs zum 31.10.2018.
Die Klägerin war der Ansicht, dass der gewerbliche Zwischenmietvertrag zwischen der Landeshauptstadt München und der Rechtsvorgängerin der Klägerin seit dem 30.6.2006 beendet und die Klagepartei in das Mietverhältnis mit dem Beklagten als Vermieterin eingetreten sei. Schließlich überweise der Beklagte ihr mittlerweile die Miete, habe ihrem Mieterhöhungsverlangen zugestimmt und mit ihr die Betriebskosten abgerechnet.
Der Beklagte war hingegen der Auffassung, dass schon kein Mietvertrag mit der Klägerin existiere und die Kündigung jedenfalls gegen Treu und Glauben verstoße, da das Arbeitsverhältnis des Beklagten mit der Landeshauptstadt München unstreitig schon seit dem Jahr 2007 beendet und bis Januar 2018 keinerlei Kündigung ausgesprochen worden sei. Er sei mit Erstwohnsitz noch bei seiner geschiedenen Ehefrau und den Kindern gemeldet, wohne aber allein in der streitgegenständlichen Wohnung, die er als juristischer Laie erst um einiges später als Zweitwohnsitz gemeldet habe.
Das AG hat die Klage auf Räumung wegen Betriebsbedarfs abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Die Klägerin war zu keiner Zeit Arbeitgeberin des Beklagten, weshalb von vornherein ein Betriebsbedarf ausschied. Demgemäß ist nämlich anerkannt, dass bei einer Veräußerung einer Werkwohnung die Verfügungsmacht des Dienstberechtigten über die Wohnung endet, so dass das Mietverhältnis mit dem Erwerber fortgesetzt wird, der sich auf einen Betriebsbedarf nicht mehr berufen kann.
Die Kündigung war darüber hinaus auch gem. § 242 BGB wegen Verwirkung unwirksam, da das Arbeitsverhältnis des Beklagten mit dem Klinikum Bogenhausen seit dem Jahr 2007 beendet war und die Klägerin erst im Jahr 2018 eine Kündigung wegen bestehendem Betriebsbedarfs wegen des Wegfalls der Arbeitsstelle des Beklagten ausgesprochen hat. Ein Recht ist nämlich verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach den gesamten Umständen des Einzelfalles, insbesondere dem Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht gelten machen werde. Insofern hat der Beklagte ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass der Mietvertrag als unbefristetes Mietverhältnis fortgeführt wird, da die Klägerin erst rund elf Jahre nach Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten eine ordentliche Kündigung in Bezug auf die Werkmietwohneigenschaft ausgesprochen hatte.
Das offensichtlich auf Seiten der Klägerin und der Vorvermieterin (Landeshauptstadt München bzw. Klinikum Bogenhausen) bestehende eklatante Kommunikationsdefizit, das dazu geführt hatte, dass die Klägerin erst im Jahr 2018 Kenntnis von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Beklagten erhalten hat, konnte naturgemäß nicht zu Lasten des Beklagten wirken. Vielmehr durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die Klägerin die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade nicht als Kündigungsgrund heranziehen wollte, da innerhalb der elf Jahre auch mehrfach mietvertragliche Nachträge und Verhandlungen über einen neuen Mietvertragsschluss zwischen den Parteien geführt worden waren.