29.03.2011

Mieterin haftet nach Fehlalarm nicht für Feuerwehr-Schäden an der Wohnungstüre der Nachbarin

Wer nach hinreichenden Anhaltspunkten für einen Notfall in der Nachbarwohnung die Feuerwehr ruft, haftet nicht für Schäden, die beim Aufbrechen der Wohnungstüre durch Feuerwehrleute entsteht. Die Entscheidung, ob tatsächlich ein Eingreifen notwendig ist, obliegt auch im Fall von Alarmen der Feuerwehr selbst.

LG Berlin 26.1.2011, 49 S 106/10
Der Sachverhalt:
Das Verfahren betrifft die Frage, ob ein Nachbar, der nach gewissen Anhaltspunkten für einen Notfall in der Nachbarwohnung die Feuerwehr ruft, dem Vermieter für Schäden haftet, die beim Aufbrechen der Wohnungstüre durch die Feuerwehrleute entsteht.

Die beklagte Mieterin versuchte erfolglos, ihre Nachbarin verabredungsgemäß telefonisch zu erreichen. Bei einem ersten Anruf vernahm sie ein Stöhnen und rief erfolglos den Vornamen der Nachbarin. Bei einem zweiten Anruf nahm niemand den Hörer ab, und es war lediglich ein Freizeichen zu hören. Daraufhin rief die Beklagte die Feuerwehr, die nach erfolglosem Klingeln die Wohnungstüre aufbrach. Ein Notfall konnte allerdings nicht festgestellt werden; die Wohnung war leer. Die klagende Vermieterin verlangt Schadensersatz i.H.v. rd. 1.000 € für die Erneuerung der Wohnungstür.

Das AG gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten hob das LG das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Kosten für die Erneuerung der Wohnungstür zu.

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB besteht nicht. Die Beklagte hat die Tür selbst nicht zerstört, und die Zerstörung durch die Feuerwehr ist keine ihr zurechenbare Tat, mit der sie eine mittelbare Verletzungshandlung vorgenommen hätte. Das Handeln der Beklagten ist zwar kausal für den Schaden im Sinne einer conditio sine qua non, es fehlt aber am Erfordernis der Adäquanz.

Die Feuerwehr wurde bei dem Aufbrechen der Wohnungstür zur Abwehr einer vermeintlich der Nachbarin drohenden Lebensgefahr gem. § 3 FwG-Berlin i.V.m. § 3 ASOG Berlin tätig. Die Entscheidung, ob tatsächlich ein Eingreifen notwendig ist, obliegt dabei auch im Fall von Alarmen der Feuerwehr selbst. Sie hat als (nachgeordnete) Ordnungsbehörde gem. § 11 ASOG zu prüfen, welche Maßnahme, gemessen am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sie zu ergreifen hat. Diese eigenständig zu treffende Entscheidung kann nicht mit Hinweis auf einen Willensentschluss der Alarmperson ersetzt werden.

Vorliegend ist geschehen, was typischerweise bei Notrufen geschieht: Die Feuerwehr wird veranlasst, sich ein eigenes Bild zu machen und dann verlässt sich der den Notruf Tätigende darauf, dass diese das in der Situation Richtige unternimmt. Konsequenterweise sehen §§14, 15 FwG, §8 KatSG i.V.m. §§ 59 ff. ASOG für entstandene Schäden Ausgleichs-, Erstattungs- und Ersatzansprüche vor. Auf diese Weise ist die Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens gesichert, das darauf angewiesen ist, dass Alarmrufe, zu denen der Alarmierende sich aus guten Gründen genötigt sieht, nicht aus Angst vor Schadenersatzforderungen unterbleiben.

Linkhinweis:

LG Berlin PM vom 29.3.2011
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