21.08.2019

Mietpreisbremse ist verfassungsgemäß

Die sog. Mietpreisbremse ist nicht verfassungswidrig. Sie verstößt nicht gegen die Garantie des Eigentums, die Vertragsfreiheit oder den allgemeinen Gleichheitssatz. Insbesondere ist das Vertrauen der Vermieter, mit der Wohnung höchstmögliche Mieteinkünfte erzielen zu können, durch die Eigentumsgarantie nicht geschützt.

BVerfG 18.7.2019, 1 BvL 1/18 u.a.
Der Sachverhalt:
Die Vorschriften zur Regulierung der Miethöhe bei Mietbeginn im nicht preisgebundenen Wohnraum (sog. Mietpreisbremse) wurden 2015 im Rahmen des Mietrechtsnovellierungsgesetzes eingeführt. Sie besagen, dass die Miete von Wohnungen in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens zehn Prozent übersteigen darf, wenn sie neu vermietet werden. Die Länder dürfen für maximal fünf Jahre per Rechtsverordnung bestimmen, welche Gebiete betroffen sind. Für Berlin hat der Senat im Jahr 2015 eine solche Rechtsverordnung erlassen, die das gesamte Stadtgebiet für fünf Jahre als Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt bestimmt.

In den Ausgangsverfahren der beiden Normenkontrollverfahren 1 BvL 1/18 und 1 BvL 4/18 wandten sich Berliner Mieter gegen die Vereinbarung einer die höchstzulässige Miete bei Mietbeginn übersteigenden Miete. In der Berufungsinstanz setzte das LG die Verfahren aus und legte dem BVerfG die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob § 556d Abs. 1 und 2 BGB mit dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar und daher nichtig sei.

Die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 1595/18 ist Vermieterin einer Wohnung in Berlin. Sie wurde von ihrer Mieterin gerichtlich auf Rückzahlung überzahlter Miete und Feststellung der Geltung einer abgesenkten Miete in Anspruch genommen, weil die bei Mietbeginn vereinbarte Miete die höchstzulässige Miete überstiegen habe. Die Verfassungsbeschwerde richtete sich unmittelbar gegen die überwiegend stattgebenden Entscheidungen der Fachgerichte und mittelbar gegen die gesetzlichen Vorschriften über die Miethöhenregulierung sowie die vom Berliner Senat erlassene Rechtsverordnung. Die Beschwerdeführerin rügte ebenfalls eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Darüber hinaus sah sie sich in ihrem Grundrecht auf Eigentum und ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit verletzt.

Sämtliche Verfassungsbeschwerden blieben vor dem BVerfG erfolglos.

Die Gründe:
Die sog. Mietpreisbremse ist nicht verfassungswidrig. Sie verstößt nicht gegen die Garantie des Eigentums, die Vertragsfreiheit oder den allgemeinen Gleichheitssatz.

Insbesondere ist der Eingriff in das Eigentum verhältnismäßig. Denn es liegt im öffentlichen Interesse, der Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Stadtteilen entgegenzuwirken. Die Regulierung der Miethöhe ist auch im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Denn sie schneidet Preisspitzen auf angespannten Wohnungsmärkten ab und kann damit zumindest die Voraussetzungen für einen Marktzugang einkommensschwächerer Mieter schaffen.

Die Miethöhenregulierung ist auch erforderlich und den Vermietern zumutbar. Die Eigentumsgarantie gebietet nicht, Rechtspositionen für alle Zukunft in ihrem Inhalt unangetastet zu lassen. Der Gesetzgeber kann einmal geschaffene Regelungen nachträglich verändern und fortentwickeln, auch wenn sich damit die Nutzungsmöglichkeiten bestehender Eigentumspositionen verschlechtern. Auf dem sozialpolitisch umstrittenen Gebiet des Mietrechts müssen vielmehr Vermieter mit häufigen Gesetzesänderungen rechnen und können nicht auf den Fortbestand einer ihnen günstigen Rechtslage vertrauen. Denn ihr Vertrauen, mit der Wohnung höchstmögliche Mieteinkünfte erzielen zu können, wird durch die Eigentumsgarantie nicht geschützt.

Es verstößt zudem nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass die zulässige Mietobergrenze anhand der ortsüblichen Vergleichsmiete bestimmt wird, was zu deutschlandweit unterschiedlichen Mietobergrenzen führt. Denn im Hinblick auf die Verschiedenheit der örtlichen Wohnungsmärkte erscheint bereits das Vorliegen vergleichbarer Sachverhalte zweifelhaft. Eine etwaige Ungleichbehandlung ist aber jedenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Sie knüpft an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium an. Das Abstellen auf die ortsübliche Vergleichsmiete soll die Marktbezogenheit der regulierten Miete und damit die Wirtschaftlichkeit der Vermietung regelmäßig sicherstellen. Dies ist angesichts dessen, dass die auf den jeweiligen Wohnungsmärkten vorherrschenden Bedingungen regionalen Abweichungen unterliegen, sachgerecht.

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BVerfG PM Nr. 56 vom 20.8.2018