25.01.2018

Mittelbare Anteilsvereinigung bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft ("RETT-Blocker")

Bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, ist als Anteil i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG - wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft - die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen maßgebend. Ein Anteilserwerb kann bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG beitragen oder führen, wenn dem Erwerber nach dem Anteilserwerb mindestens 95 % der Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft zuzurechnen sind.

Kurzbesprechung
BFH v. 27.9. 2017 - II R 41/15

GrEStG § 1 Abs. 3, § 19 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1
AO § 169 Abs. 1 Satz 1, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 181 Abs. 1 Satz 1
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 108 Abs. 7

Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Steuer - soweit eine Besteuerung nach Abs. 2a der Vorschrift nicht in Betracht kommt - ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG unterliegt der Steuer auch die unmittelbare oder mittelbare Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vorausgegangen ist.

Die Steuerbarkeit wird nur durch den Erwerb des letzten Anteils ausgelöst. Dabei ist der Vorgang, der zum Erwerb dieses Anteils führt, zwar das die Steuer auslösende Moment. Gegenstand der Steuer ist aber nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand. Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen. Die Anteilsvereinigung kann auch dadurch erfolgen, dass der Erwerber die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft teils unmittelbar und teils mittelbar erwirbt.

Der BFH hat nun entschieden, dass bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, als Anteil i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG - wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft - die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen maßgebend ist. Die Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft vermittelt, soweit sie mindestens 95 % beträgt, die rechtliche Möglichkeit für den beteiligten Gesellschafter, den Willen in der Personengesellschaft in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise durchzusetzen. Diese Möglichkeit hat der Gesellschafter auch in Bezug auf nachgeordnete Gesellschaften, an denen die Personengesellschaft wiederum zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Beteiligung an diesen Gesellschaften ist unmittelbar der Personengesellschaft und mittelbar deren Gesellschafter zuzurechnen. Für die Zurechnung zum qualifiziert beteiligten Gesellschafter ist unerheblich, dass an der zwischengeschalteten Personengesellschaft weitere Gesellschafter mit einem Kapitalanteil von weniger als 5 % oder kapitalmäßig überhaupt nicht beteiligt sind.

Ein Anteilserwerb, der zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG beitragen oder führen kann, setzt bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, voraus, dass dem Erwerber nach dem Anteilserwerb mindestens 95 % der Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft zuzurechnen sind. Ist diese Voraussetzung erfüllt, sind auch die unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen der Personengesellschaft an den grundbesitzenden Gesellschaften dem Anteilserwerber mittelbar zuzurechnen.

Der BFH stellte zudem klar, dass die durch Art. 26 des Gesetzes vom 26.6. 2013 (BGBl I 2013, 1809) erfolgte Einführung des § 1 Abs. 3a GrEStG, der auf Erwerbsvorgänge nach dem 6.6. 2013 anzuwenden ist (§ 23 Abs. 11 GrEStG n.F.), keine andere Beurteilung der Zurechnung von Anteilen an zwischengeschalteten Personengesellschaften für die Zeit davor rechtfertigt. Denn mit der Einführung der wirtschaftlichen Beteiligung als Anknüpfungspunkt für die Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3a GrEStG n.F. sollen insbesondere Erwerbsvorgänge mit sog. Real Estate Transfer Tax-Blocker-Strukturen (RETT-Blocker) der Besteuerung unterworfen werden. Die neue Regelung stellt deshalb auf die unmittelbare oder/und mittelbare Beteiligung am Kapital oder am Vermögen einer Gesellschaft ab. Damit gilt nicht die sachenrechtliche Beteiligung. Vielmehr sollen alle Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen einer Gesellschaft rechtsformneutral anteilig zu berücksichtigen sein.

Die mit der Einführung des § 1 Abs. 3a GrEStG n.F. verbundene Intention des Gesetzgebers schließt es jedoch nicht aus, bereits für frühere Anteilserwerbe auch bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft - wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft - auf die Beteiligung am Gesellschaftskapital abzustellen. Insoweit werden mittelbare Beteiligungen an grundbesitzenden Gesellschaften im Rahmen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG rechtsformneutral behandelt.

Beraterhinweis: Die Entscheidung des BFH führt insoweit zu einer Änderung der Rechtsprechung, als der BFH noch im Urteil v. 8.8. 2001 - II R 66/98 (BStBl II 2002, 156) zu einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG in der für 1989 geltenden Fassung entschieden hat, dass bei einer Personengesellschaft, die an einer anderen Gesellschaft beteiligt ist, die gesamthänderische Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft für eine Zurechnung der Anteile an der anderen Gesellschaft maßgeblich sein soll. An dieser Rechtsauffassung hält der BFH nun jedoch nicht mehr fest.

BFH, Urteil vom 27.9.2017, II R 41/15, veröffentlicht am 24.1.2018.

Verlag dr. Otto Schmidt