29.09.2014

Nach Streit: Grob fahrlässig herbeigeführter Unfall unter Alkoholeinfluss rechtfertigt 500.000 € Schmerzensgeld für Koma-Patienten

Das OLG Oldenburg hat dem Opfer eines grob fahrlässig verursachten Verkehrsunfalls 500.000 € Schmerzensgeld zugesprochen. Das Opfer war nach einer Auseinandersetzung auf einer Betriebsfeier von einem stark alkoholisierten Kollegen nachts mit dem Auto angefahren worden und liegt seither im Wachkoma.

OLG Oldenburg 2.9.2014, 12 U 50/14
Der Sachverhalt:
Im August 2010 kam es zwischen dem Kläger und dem Beklagten auf einer Betriebsfeier zu einem Streit, in dessen Verlauf der Beklagte dem Kläger einen Schlag ins Gesicht versetzte. Nach Auflösung der Betriebsfeier verließ gegen 2 Uhr morgens zunächst der Beklagte und kurze Zeit später der Kläger das Betriebsgelände.

Der Beklagte stand bei einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,85 Promille unter erheblichem Alkoholeinfluss als er in einen Pkw stieg und mit diesem zunächst das Betriebsgelände verließ. Auf dem Gelände einer Tankstelle wendete er, beschleunigte und fuhr mit hohem Tempo zum Betriebsgelände zurück. Der Kläger stand dort auf der Straße, wurde vom Fahrzeug des Beklagten erfasst und lebensgefährlich verletzt. Der Kläger erlitt u.a. ein Polytrauma mit schwerstem Schädel-Hirn-Trauma. Er liegt seit dem Vorfall im Wachkoma und wird künstlich ernährt.

Das LG gab der Klage, mit der der Kläger u.a. Zahlung von Schmerzensgeld beantragte, statt und verurteilte den Beklagten sowie die ebenfalls beklagte Haftpflichtversicherung zur Zahlung von 500.000 € an den Kläger. Die Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 500.000 €.

Das Schmerzensgeld soll insbes. einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden darstellen und dem Verletzten Genugtuung für das ihm zugefügte Leid geben. Eine schwerere Gesundheitsschädigung als die vom Kläger erlittene ist kaum vorstellbar. Der Kläger, damals 35 Jahre alt, verheiratet und Familienvater von drei Kindern im Alter von 3, 8 und 9 Jahren, liegt seit vier Jahren im Wachkoma. Er ist nicht ansprechbar und kann sich nicht mitteilen. Ihm ist damit die Basis für eine eigene Persönlichkeit genommen und er ist nicht mehr in der Lage ein normales Leben zu führen. Ein Sachverständiger erachtete während des Verfahrens die dauerhafte Unterbringung in einem Pflegeheim für erforderlich.

Für diesen Zustand ist der Beklagte verantwortlich. Er setzte sich wenn auch nicht vorsätzlich, so doch unter Außerachtlassung jeglicher Sorgfaltspflichten nach der Betriebsfeier schwer alkoholisiert in sein Auto, wendete auf dem Tankstellengelände und fuhr dann mit überhöhter Geschwindigkeit die Straße vor dem Betriebsgelände entlang. Er wollte die Arbeitskollegen wegen der vorherigen Streitigkeit provozieren. Aufgrund dieser groben Fahrlässigkeit wurde der Kläger von dem Pkw mit mindestens 60 km/h erfasst. Ein Mitverschulden des Klägers war zu verneinen.

OLG Oldenburg PM vom 26.9.2014
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