22.01.2019

Nachbarschaftsrecht: Darf die Metallwand an der Grenze bleiben?

Ein Grundstückseigentümer, der nach § 14 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 2 NachbG HE einen Anspruch auf Mitwirkung an der Errichtung der ortsüblichen Einfriedung auf der Grenze hat, kann von dem Grundstücksnachbarn die Beseitigung einer bereits vorhandenen Einfriedung (hier: eine Metallwand) verlangen, wenn und soweit dies zur Erfüllung seines gesetzlichen Einfriedungsanspruchs erforderlich ist.

BGH v. 21.9.2018 - V ZR 302/17
Der Sachverhalt:

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in Hessen. Das Grundstück der Klägerin ist mit einem Wohn- und Geschäftshaus, das der Beklagten mit einem Wohnhaus bebaut. Die Beklagte hat auf ihrem Grundstück unmittelbar neben der gemeinsamen Grenze eine 2 m hohe Wand aus glatten Metallplatten errichtet, die auf Metallrahmen verschraubt sind. Zuvor hatte dort ein Maschendrahtzaun gestanden.

Mit der nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens erhobenen Klage verlangte die Klägerin die Beseitigung der Metallwand. Das AG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

Gründe:

Im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht zwar angenommen, dass der Klägerin ein Anspruch auf Beseitigung der Metallwand nach § 1004 Abs. 1 BGB zusteht, wenn die Beklagte andernfalls, d.h. bei Beibehaltung der Wand, ihre gesetzliche Einfriedungspflicht (§§ 14, 15 NachbG HE) verletzte. Die Feststellungen des LG tragen allerdings nicht die Annahme, die Beklagte verstoße durch die Beibehaltung der Metallwand gegen ihre gesetzliche Einfriedungspflicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2, § 15 NachbG HE.

Entscheidend ist, dass eine Einfriedung bzw. die Mitwirkung an der Errichtung der Einfriedung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 NachbG HE gefordert wird und die derzeitige Einfriedung nicht ortsüblich ist. Ob letzteres der Fall ist, ist zwar eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Hat aber - wie hier - die von dem Nachbarn errichtete Einfriedung eine außergewöhnliche Beschaffenheit, und erklären die Parteien übereinstimmend, dass in ihrem Wohngebiet keine weitere derartige Einfriedung zu finden ist, bewerten sie die Einfriedung selbst als nicht ortsüblich. Auf der Grundlage eines solchen Vorbringens ist die Ortsüblichkeit einer Einfriedung einer tatsächlichen Feststellung durch den Tatrichter zugänglich. Die Vorinstanzen hatten jedoch keine Feststellungen getroffen, ob in dem für die Beurteilung maßgeblichen Vergleichsgebiet eine bestimmte Beschaffenheit von Einfriedungen üblich ist. Das ist aber erforderlich.

Die (voll-ständige) Beseitigung der Metallwand kann die Klägerin insofern nur verlangen, wenn dies zur Erfüllung der gesetzlichen Einfriedungspflicht nötig ist, etwa weil die Metallwand die zu errichtende ortsübliche Einfriedung in ihrem Erscheinungsbild völlig verändern würde, diese also den Charakter als ortsübliche Einfriedung verlöre, oder weil die ortsübliche Einfriedung nicht ohne Beseitigung der Metallwand errichtet werden könnte. Das lässt nicht nur beurteilen, wenn feststeht, wie eine ortsübliche Einfriedung beschaffen ist. Wäre etwa eine zwei Meter hohe dichte Hecke ortsüblich, hinter der die Metallwand vom Grundstück der Klägerin aus gesehen nicht oder kaum wahrnehmbar wäre, müsste die Wand jedenfalls nicht wegen der Veränderung des Erscheinungsbilds der Einfriedung beseitigt werden. Davon, dass ein 1,2 m hoher Zaun als Maschendraht ortsüblich ist, kann nicht ausgegangen werden, denn die Regelung in § 15 Satz 1 Halbsatz 2 NachbG HE findet nur Anwendung, wenn sich eine ortsübliche Einfriedung nicht feststellen lässt.

Linkhinweise:
 

BGH online