24.08.2017

Negative Einkünfte bei Rückkauf einer Sterbegeldversicherung

§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG in der für das Jahr 2010 geltenden Fassung findet beim Rückkauf einer Sterbegeldversicherung auch auf negative Unterschiedsbeträge zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge Anwendung.

Kurzbesprechung
BFH v. 14.3.2017 - VIII R 25/14

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG gehört bei Kapitalversicherungen mit Sparanteil, deren Vertrag nach dem 31.12.2004 abgeschlossen worden ist, der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Weitere Voraussetzung ist, dass die Versicherungsleistung im Erlebensfall oder im Zuge des Rückkaufs des Vertrags angefallen ist, d.h. die Zahlung der Versicherungsleistung im Todesfall ist nicht steuerbar.

Im Streitfall ging es um eine im Jahr 2005 abgeschlossene Sterbegeldversicherung, die zwar keine klassische Kapitalversicherung mit Sparanteil ist, da sie keine Zahlung der angesparten Beträge im Erlebensfall, sondern nur eine Zahlung im Todesfall vorsieht. Trotzdem umfassten die Beiträge zur Sterbegeldversicherung im Streitfall nicht nur Verwaltungskosten- und Risikoanteile, sondern auch Sparanteile, die von der Versicherungsgesellschaft angelegt worden sind und der Ansammlung von Gewinnanteilen dienten. Dies reicht für die Qualifizierung als Kapitalversicherung mit Sparanteil aus.

Nach Kündigung der Sterbeversicherung in 2010 erfolgte der Rückkauf durch das Versicherungsunternehmen wodurch der Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG erfüllt wurde. Der BFH entschied, dass der sich hieraus ergebende negative Unterschiedsbetrag durch die Vorschrift auch erfasst wird, die sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht nur auf positive Unterschiedsbeträge beschränkt. Darüber hinaus konnte im Streitfall die steuerliche Anerkennung des negativen Unterschiedsbetrags auch nicht unter Hinweis auf das Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht versagt werden. Denn nach Einführung der Abgeltungsteuer ab 1.1.2009 gilt die tatsächliche Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht, zu deren Widerlegung weder das bloße Vorliegen eines negativen Unterschiedsbetrags genügt noch auf eine - ggf. fehlende - Einkünfteerzielungsabsicht bei Abschluss der Sterbegeldversicherung abgestellt werden kann.

Der BFH stellte in diesem Zusammenhang klar, dass die den Rückkauf auslösende Kündigung der Sterbegeldversicherung eine Änderung der ursprünglichen Investitionsplanung darstellt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber auch für Sterbegeldversicherungen, die keine Versicherungsleistung im Erlebensfall vorsehen, die Steuertatbestände des Rückkaufs (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) sowie (ab 1.1.2009) des Verkaufs der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an einen Dritten (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG) vorgesehen hat, d.h. auch in diesen Fällen die - ggf. negativen - Unterschiedsbeträge erfassen wollte.

BFH, Beschluss vom 14.3.2017 - VIII R 25/14, veröffentlicht am 23.8.2017.

Verlag Dr. Otto Schmidt