10.11.2017

Neue Rechtsprechung zu anschaffungsnahen Herstellungskosten

BMF wendet neue Rechtsprechung des BFH zu anschaffungsnahen Aufwendungen mit für den Steuerpflichtigen begünstigender Übergangsregelung an.

BMF-Schreiben
BMF-Schreiben v. 20.10.2017 - IV C 1 - S 2171-09/10004:006, DOK 2017/0397458

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1a

Der BFH hat mit Urteilen v. 14.6.2016 - IX R 25/14, IX R 15/15 und IX R 22/15 (BStBl. II 2016, 992, BStBl. II 2016, 996 u. BStBl. II 2016, 999) entschieden, dass zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten nach § 6 Absatz 1 Nr. 1a i. V. m. § 9 Absatz 5 Satz 2 EStG sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen gehören, die im Rahmen einer Instandsetzung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes anfallen. Dazu zählen sowohl originäre Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft durch Wiederherstellung funktionsuntüchtiger Gebäudeteile sowie Aufwendungen für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung des Gebäudes i. S. d. § 255 Absatz 2 Satz 1 HGB als auch Schönheitsreparaturen. Soweit der BFH bisher bei Schönheitsreparaturen einen engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit den Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen gefordert hatte, hält er daran nicht mehr fest.
 
Der BFH hat zudem die bislang kontrovers diskutierte Frage entschieden, dass bei der Prüfung, ob die Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten im Sinne von § 6 Absatz 1 Nr. 1a EStG führen, bei einem aus mehreren Einheiten bestehenden Gebäude nicht auf das gesamte Gebäude, sondern auf den jeweiligen selbständigen Gebäudeteil abzustellen ist, wenn das Gesamtgebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird. Maßgeblich ist insoweit, ob die einzelnen Gebäudeteile in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen.

Die Finanzverwaltung hat nun nach der bereits erfolgten amtlichen Veröffentlichung der Urteile im Bundessteuerblatt darauf hingewiesen, dass die Urteilsgrundsätze unter Beachtung des § 176 Absatz 1 Nr. 3 AO in allen offenen Fällen anzuwenden sind.

Dabei beanstandet die Finanzverwaltung jedoch nicht, wenn auf Antrag des Steuerpflichtigen abweichend hiervon

  • die bisherige BFH-Rechtsprechung zur Behandlung der Schönheitsreparaturen im Zusammenhang mit anschaffungsnahen Herstellungskosten und
  • die bisher von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung, dass eine gebäudebezogene Prüfung der Aufwendungen nach § 6 Absatz 1 Nummer 1a EStG vorzunehmen ist,

auf Sachverhalte weiter angewendet wird, bei denen der Kaufvertrag bzw. ein ihm gleichstehender Rechtsakt vor dem 1. Januar 2017 abgeschlossen wurde.

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