25.06.2013

Nicht erkanntes Darmkarzinom lässt nicht sofort auf ärztlichen Behandlungsfehler eines Gynäkologen schließen

Ein Gynäkologe darf eine Patientin mit Unterleibsschmerzen nach dem Ausschluss eines pathologischen, gynäkologischen Befundes zur weiteren Abklärung an einen Urologen überweisen und muss zunächst keine weitergehenden Untersuchungen veranlassen. Er haftet nicht, wenn die Patientin ihn in der Folgezeit nicht erneut kontaktiert und später aufgrund eines erst ca. sechs Monate nach der gynäkologischen Behandlung diagnostizierten Darmkarzinoms verstirbt.

OLG Hamm 21.5.2013, 26 U 140/12
Der Sachverhalt:
Die seinerzeit 50 Jahre alte Patientin hatte sich im Oktober 2007 aufgrund von Unterleibsschmerzen vom beklagten Gynäkologen behandeln lassen. Nach der Abklärung gynäkologischer Fragestellungen, die keinen pathologischen Befund ergaben, überwies der Beklagte die Patientin an einen Urologen, der in einem an den Beklagten und den Hausarzt der Patientin gerichteten Arztbrief zu einer weiteren Darmuntersuchung riet. Beim Beklagten stellte sich die Patientin nicht weiter vor. Im April 2008 ließ die Patientin aufgrund zunehmender Schmerzen eine Darmspiegelung durchführen, in deren Folge ein Darmkarzinom festgestellt wurde. An dieser Erkrankung verstarb die Patientin im Jahr 2010.

Die Kinder der Patientin verlangten daraufhin vom Beklagten Schadensersatz, u.a. ein Schmerzensgeld i.H.v. 30.000 €. Sie waren der Ansicht, der Beklagte habe behandlungsfehlerhaft weitergehende Untersuchungen ihrer Mutter durch CT/MRT bzw. eine Darmspiegelung unterlassen. Bei fachgerechtem Vorgehen wäre das Karzinom früher festgestellt worden und eine Heilung der Mutter möglich gewesen.

Das LG wies die Klage nach Parteianhörung und Beweiserhebung durch gynäkologische Begutachtung ab. Die Berufung der Kläger blieb vor dem OLG erfolglos. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche ergaben sich insbesondere nicht wegen des Vorliegens von Behandlungsfehlern gem. den §§ 611, 280, 249 ff., 253 Abs.2 BGB. Denn es ließ sich nicht feststellen, dass dem Beklagten derartige Fehler unterlaufen waren.

Der Beklagte hatte die Mutter der Kläger nicht fehlerhaft behandelt. Auf seinem gynäkologischen Fachgebiet konnte ihm kein Behandlungs- oder Befunderhebungsfehler vorgeworfen werden. Dass es der Beklagte fehlerhaft unterlassen hatte, eine weitere medizinische Abklärung zu veranlassen, ließ sich nicht feststellen. Das galt, obwohl der Beklagte nicht aufgrund einer hausärztlichen Überweisung tätig geworden war, sondern die Primärbehandlung der Patientin übernommen hatte.

Der Beklagte durfte die Patientin nach den gynäkologischen Untersuchungen an den Urologen überweisen, da auch dieses Fachgebiet abgeklärt werden mussten. Darüber hinaus konnte nicht festgestellt werden, dass es der Beklagte versäumt hatte, die Patientin zur Kontrolle nach der urologischen Untersuchung einzubestellen. Zum einen durfte der Beklagte nach dieser Behandlung abwarten. Nachdem die Patientin bei ihm nicht erneut vorstellig geworden war, durfte er zum anderen annehmen, dass sich ihre Beschwerden gebessert hätten. Es konnte vom Beklagten nicht verlangt werden, dass er nach dem Nichterscheinen der Patientin nach der urologischen Untersuchung von sich aus tätig wurde, um doch noch eine Kontrollvorstellung herbeizuführen.

Linkhinweis:

OLG Hamm PM v. 25.6.2013
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