03.02.2017

Nutzungsentschädigung nach Kündigung kann höher sein als die Bestandsmiete

Die für vergleichbare Sachen ortsübliche Miete, die der Vermieter gem. § 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache verlangen kann, wenn der Mieter diese nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt, ist bei beendeten Wohnraummietverträgen nicht nach Maßgabe der auf laufende Mietverhältnisse zugeschnittenen Regelung über Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu bestimmen, sondern anhand der bei Neuabschluss eines Mietvertrages über die Wohnung ortsüblichen Miete (Marktmiete).

BGH 18.1.2017, VIII ZR 17/16
Der Sachverhalt:
Die Beklagten waren seit 1993 Mieter eines in München gelegenen Einfamilienhauses der Kläger mit einer Wohnfläche von 105 m². Das Mietverhältnis endete durch eine zum 30.10.2011 erklärte Eigenbedarfskündigung der Kläger. Erst am 15.4.2013 gaben die Beklagten die Mietsache zurück. Bis dahin entrichteten sie die vertraglich geschuldete Miete i.H.v. monatlich 944 € nebst 102 € Heizkostenvorauszahlung.

Die Kläger verlangten allerdings wegen der verspäteten Rückgabe eine weitergehende Nutzungsentschädigung nach Maßgabe der für das Mietobjekt ortsüblichen Neuvertragsmiete. AG und LG gaben der Klage - nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - i.H.v. rund 7.300 € statt. Die Revision der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Kläger können wegen der Vorenthaltung der Mietsache als Nutzungsentschädigung nicht nur die von den Beklagten entrichtete vereinbarte Miete gem. § 546a Abs. 1 Alt. 1 BGB, sondern weitergehend auch die für vergleichbare Objekte ortsübliche Miete gem. § 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB verlangen. Rechtsfehlerfrei hatte das Berufungsgericht den Anspruch der Kläger aus § 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB anhand der bei Neuabschluss eines Mietvertrages ortsüblichen Miete (Marktmiete), nicht hingegen nach Maßgabe der ortsüblichen Vergleichsmiete gem. § 558 Abs. 2 BGB bestimmt.

Die in § 558 Abs. 2 S. 1 BGB vorgesehene Berücksichtigung der in der Gemeinde in den letzten vier Jahren vereinbarten oder, von Erhöhungen nach § 560 BGB abgesehen, geänderten Bestandsmieten, sieht bereits der Wortlaut des § 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB nicht vor. Zudem besteht der Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung schon nach dem Gesetzeswortlaut unabhängig davon, ob der Vermieter die Mietsache nach ihrer Rückgabe erneut vermieten oder sie - wie in dem hier gegebenen Fall der Eigenbedarfskündigung - selbst nutzen will.

Mit Recht hatte das Berufungsgericht zudem auf die Gesetzessystematik abgestellt. Anders als § 546a BGB, der Teil der für alle Mietverhältnisse geltenden allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen des Mietrechts ist und deshalb nicht nur für Wohnraummietverhältnisse gilt, sind die Bestimmungen der §§ 558 ff. BGB über die Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete auf (laufende) Mietverhältnisse über Wohnraum zugeschnitten. Gegen eine Ausrichtung des § 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB an der örtlichen Entwicklung der Wohnraummieten der letzten vier Jahre gem. § 558 Abs. 2 S. 1 BGB spricht letztlich auch der unterschiedliche Sinn und Zweck beider Regelungen.

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