18.07.2016

Öffentlich geförderter Wohnraum: Anspruch des Mieters auf Überlassung von Belegkopien für während des Förderungszeitraums angefallene Betriebskosten

Auch nach Wegfall der öffentlichen Förderung haben Mieter einen Anspruch auf Überlassung von Belegkopien hinsichtlich der während der Förderung entstandenen Betriebskosten aus §29 NMV. Fallen die Betriebskosten im Förderungszeitraum an, kann Mietern daraus ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber etwaigen Nachforderungen erwachsen, unabhängig davon, wann diese geltend gemacht werden.

AG Dortmund, 29.04.2016, 436 C 9/16
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist Mieterin einer ehemals öffentlich geförderten Wohnung. Die Kläger hatten das Eigentum an der Wohnung im Oktober 2012 erworben. Ende 2015 entfielen die Zweckbindung als öffentlich geförderter Wohnraum  Mit Betriebskostenabrechnung aus Dezember 2014 hatten die Kläger die Betriebskosten für das Jahr 2013 und über die Heizkosten für April 2013 bis Dezember 2013 abgerechnet. Die Abrechnungen endeten mit einer Nachforderung zu Lasten der Beklagten in Höhe von insgesamt 2089 €. Auf eine Bitte der Beklagten durch den Mieterverein im Februar 2015, Belegkopien gegen Auslagenerstattung zu übersenden, reagierten die Kläger nicht.

Die Kläger machten mit der Klage die Nachzahlungsforderung geltend und vertraten die Ansicht, mit dem Entfallen der öffentlichen Förderung bestehe auch ihre Pflicht nach § 29 Abs. 2 NMV zur Überlassung von Belegablichtungen nicht mehr. Die Beklagte war  der Meinung, dass ihr aufgrund der Regelung des § 29 Abs. 2 NMV ein Zurückbehaltungsrecht zustehe, solange ihr keine Belegkopien überlassen würden.

Das AG wies die Klage hinsichtlich der Heizkosten als unbegründet und hinsichtlich der Restforderung als derzeit unbegründet ab.

Die Gründe:
Im Gegensatz zum Anspruch auf Nachzahlung von Heizkosten ist der Betriebskostennachforderungs-anspruch dem Grunde nach entstanden. Der Beklagten steht jedoch nach § 273 Abs. 1 BGB, § 29 Abs. 2 NMV ein Zurückbehaltungsrecht zu, solange die Kläger ihr nicht die der Abrechnung zugrundeliegenden Belegkopien zukommen lassen.
Gem. § 29 Abs. 2 NMV können Mieter einer öffentlich geförderten Wohnung anstelle der Einsicht in die Berechnungsunterlagen Ablichtungen davon gegen Erstattung der Auslagen verlangen. Der nachträgliche Wegfall der öffentlichen Förderung ändert daran nichts. Ein für den Zeitraum vor dem Wegfall der Zweckbindung gegebenes Recht auf Belegübersendung kann nicht nachträglich durch eine Änderung des Wohnungsstatus entfallen. Diese kann nur Rechtswirkungen für die ab diesem Zeitpunkt entstehenden Betriebskosten haben.

Der Auskunftsanspruch und der damit verbundene Anspruch auf Übersendung entsprechender Belegkopien bestehen für die Mieten einschließlich Betriebskosten während der öffentlichen Förderung. Maßgeblich ist mithin, wann die Kosten angefallen sind. Maßgeblich ist nicht, wann hierüber abgerechnet wird, wann die Zweckbindung weggefallen ist oder die Mieter hiervon Kenntnis erlangen. Dann wäre ein Anspruch der Mieter auf Belegübersendung abhängig davon, wann der Vermieter nach seinem Ermessen die Abrechnungen erstellt - ob vor oder nach Wegfall der Zweckbindung - oder die Mieter über den Wegfall der öffentlichen Förderung informiert. Hiervon kann aber weder der Anspruch auf Auskunft über die Ermittlung und Zusammensetzung der zulässigen Miete abhängen noch kann die Einwendungsfrist nach § 556 Abs. 3 S. 5 BGB hierüber steuerbar sein.

Das bestehende Zurückbehaltungsrecht der Beklagten führt entgegen der Regelung des § 274 BGB aber nicht zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung. Unter Rückgriff auf § 242 BGB ist ausnahmsweise die Fälligkeit der Nachzahlungsforderung zu verneinen mit der Folge, dass die Klage entsprechend als derzeit unbegründet abzuweisen war. Denn durch eine verbindliche Verurteilung wäre der Beklagten die Möglichkeit genommen, aus der Überlassung der Belegkopien darauf gestützte Einwendungsrechte wahrzunehmen.

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