08.07.2019

Ohne Zustimmung der Miteigentümer errichteter Carport muss wieder entfernt werden

Ein ohne die erforderliche Zustimmung der Miteigentümer auf gemeinsamen Stellplätzen errichteter Carport muss wieder abgerissen werden. Enthält eine eingetragene Grunddienstbarkeit lediglich das Recht, die Stellplätze zum Abstellen von Kraftfahrzeugen zu benutzen, so stellt die dortige Errichtung des Carports eine allseits zustimmungspflichtige Maßnahme dar, weil es sich um eine wesentliche Veränderung des Gemeinschaftsgrundstücks handelt. Dies ist daher einer bloßen Mehrheitsentscheidung entzogen.

AG München v. 17.9.2018 - 132 C 9764/17
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten sind Eigentümer benachbarter Hausgrundstücke, zwischen denen ein Weg zu drei nebeneinander liegenden Kfz-Stellplätze führt, die zwei rechten für die Beklagten, der linke für die Kläger. Weg und Stellplätze stehen im gemeinsamen Miteigentum. Die eingetragene Grunddienstbarkeit enthält das Recht, die Stellplätze zum Abstellen von Kraftfahrzeugen zu benutzen, nicht aber das Recht, sie mit einem Carport zu bebauen. Bei einem Gespräch vor den Sommerferien 2016, ob ein Carport für die Fahrzeuge errichtet werden solle, zeigten sich die Kläger interessiert, hielten aber eine nähere Abstimmung von Gestaltung und Preisvorstellungen und die Klärung baurechtlicher Fragen für erforderlich.

In den Sommerferien kündigten die Beklagten den Klägern an, den Parkbereich zu pflastern. Zusätzlich begannen die Beklagten im Urlaub der Kläger einen Carport über ihre beiden Parkplätze zu bauen. Als die Kläger aus dem Urlaub wiederkamen und den Carport im Bau vorfanden, widersprachen sie schriftlich. Gleichwohl bauten die Beklagten den Carport fertig. Die Rückbaukosten würden sich laut Kostenvoranschlag auf rd. 3.800 € belaufen. Die Kläger meinen gem. § 1004 BGB den Rückbau beanspruchen zu können, weil ohne ihre Zustimmung gebaut worden sei. Zudem sei die Grundstücksgrenze zum Hausgrundstück der Kläger überbaut worden. Wenn überhaupt, dann hätte man einen Carport in Stahl gewollt. Ihre Wünsche und Einwendungen seien aber schlicht übergangen worden.

Die Beklagten tragen vor, dass sich die Kläger trotz Vereinbarung, dass sie einen Gestaltungsvorschlag vorlegen würden, nicht mehr gemeldet hätten. Eigene Vorschläge der Kläger seien erst erfolgt, als schon gebaut worden war. Ende Juli 2016 sei das Angebot des Carportbauers, ihn mit der Errichtung eines Carports auch für ihren Stellplatz zu beauftragen, unerwidert geblieben. Die Kläger hätten grundsätzlich der Errichtung eines Carports zugestimmt. Die Gestaltung des Carports würde die Kläger nicht berühren. Es handle sich nicht um eine wesentliche Veränderung des Grundstücks. Anders als eine Garage könne ein Carport relativ unkompliziert wieder entfernt werden. Der Carport habe rd. 9.000 € gekostet. Ihr Vorschlag, den von den Klägern stets als zu wuchtig empfundenen Carport nach links zu erweitern, die Kosten für die Erweiterung zur Hälfte selbst zu tragen und dabei auch, soweit möglich, Holzelemente zu entfernen, um einen weniger wuchtigen Eindruck zu vermitteln, sei von den Klägern abgelehnt worden.

Das AG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagten, den über zwei Kfz-Stellplätzen errichteten Carport wieder abzureißen und die Anwaltskosten der Kläger zu zahlen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Als Miteigentümer des Stellplatzgrundstückes können die Kläger von den Beklagten Wiederherstellung des früheren Zustandes verlangen, da sie keine Verpflichtung haben, die Errichtung eines Carports zu dulden. Schon im Ausgangspunkt stellte die Errichtung des Carports auf dem Stellplatzgrundstück eine allseits zustimmungspflichtige Maßnahme dar, schon weil es sich um eine wesentliche Veränderung des Gemeinschaftsgrundstücks gehandelt hat, weswegen dies einer bloßen Mehrheitsentscheidung entzogen war.

Zudem wäre eine ordnungsgemäße - im gemeinsamen Interesse - liegende Maßnahme nur dann anzunehmen, wenn mit der Maßnahme gemeinschaftliche Interessen verfolgt worden wären. Dies ist aber nicht der Fall, weil die Beklagten einen Carport nur für sich und nicht auch für die Miteigentümer bauten. Im Effekt erweiterten die Beklagten damit nur das ihnen durch Dienstbarkeit zugesprochene Recht auf Abstellen des Fahrzeugs auf ein Überdachen ihres Fahrzeugs, was so eindeutig nicht Teil der Dienstbarkeit war.
AG München PM Nr. 53 vom 5.7.2019