04.11.2011

Pflicht zum "Weißen" von Decken und Wänden stellt unangemessene Benachteiligung des Mieters dar

Nach der auch im Individualprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung der Formularklausel ist die Pflicht des Mieters zum "Weißen" von Decken und Wänden dahin zu verstehen, dass ein Anstrich mit weißer Farbe vorzunehmen ist. In dieser Auslegung liegt allerdings eine unangemessene Benachteiligung des Mieters vor, weil dieser auch während des laufenden Mietverhältnisses in der vorgegebenen Farbwahl dekorieren muss und dadurch in seiner persönlichen Lebensgestaltung eingeschränkt wird, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht.

BGH 21.9.2011, VIII ZR 47/11
Der Sachverhalt:
Der Beklagte war bis Anfang 2009 Mieter einer Wohnung der Klägerin. In § 3 des vorgedruckten Mietvertrages war u.a. bestimmt, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen trägt und zum Weißen der Decken und Oberwände verpflichtet ist. Nachdem sich der Beklagte geweigert hatte, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses zu renovieren, ließ die Klägerin die Schönheitsreparaturen durch Handwerker ausführen. Daraufhin verlangte sie vom Beklagten die Erstattung von rund 5.317 €.

Das AG wies die Klage ab; das LG gab ihr i.H.v. rund 4.409 € statt. Es war der Ansicht, die Pflicht zur Ausführung der Schönheitsreparaturen sei im Mietvertrag wirksam auf den Beklagten abgewälzt worden. Der § 3 stelle keine unzulässige Bedarfsklausel dar und erlege dem Beklagten auch keine unbedingte Endrenovierungspflicht auf. Schließlich liege auch keine unzulässige Kombination von Anfangs- und Endrenovierungspflicht vor.

Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Das Berufungsgericht hatte übersehen, dass eine formularmäßige Überwälzung der Schönheitsreparaturen gem. § 3 des Mietvertrags schon deswegen - insgesamt - unwirksam war, weil sie eine den Mieter unangemessen benachteiligende Farbvorgabe für die Ausführung der Dekoration enthielt.

Nach der auch im Individualprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung der Formularklausel (§ 305c Abs. 2 BGB) ist die Pflicht des Mieters zum "Weißen" von Decken und Wänden dahin zu verstehen, dass ein Anstrich mit weißer Farbe vorzunehmen ist. In dieser Auslegung liegt allerdings nach BGH-Rechtsprechung eine unangemessene Benachteiligung des Mieters vor, weil dieser auch während des laufenden Mietverhältnisses in der vorgegebenen Farbwahl dekorieren muss und dadurch in seiner persönlichen Lebensgestaltung eingeschränkt wird, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht (Urt. v. 23.9.2009, Az.: VIII ZR 344/08).

Somit konnte das Berufungsurteil, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden war, keinen Bestand haben. Allerdings war der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hatte, ob es sich bei dem von den Parteien verwendeten Vertragsformular um von der Klägerin gestellte AGB handelte.

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