13.11.2012

PKH: Entzug der Bewilligung infolge falscher Angaben des Antragstellers ist auch bei objektiver Richtigkeit möglich

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2, Alt. 1 ZPO kann nachträglich aufgehoben werden, wenn der Antragsteller im Bewilligungsverfahren absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über seine persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat. Dies gilt auch dann, wenn die falschen Angaben nicht zu einer objektiv unrichtigen Bewilligung geführt haben.

BGH 10.10.2012, IV ZB 16/12
Der Sachverhalt:
Dem Beklagten war in einem Rechtsstreit, in dem es um die Rückzahlung eines Darlehens ging, zunächst auf seinen Antrag hin Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Später stellte sich heraus, dass er bei der Antragstellung eine teilweise unrichtige und unvollständige Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben hatte. So hatte er nach den Feststellungen der Vorinstanz absichtlich versucht, seine wirtschaftliche Situation, insbesondere in Bezug auf seine Geschäftsführerstellung und Beteiligung an einer GmbH, ferner die Nutzung eines Firmenwagens, zu verschleiern.

Das LG hob daraufhin die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2, Alt. 1 ZPO nachträglich auf. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos. Auch die Rechtsbeschwerde vor dem BGH blieb ohne Erfolg.

Die Gründe:
Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe war nachträglich aufzuheben.

Zwar hatte der Beklagte im Beschwerdeverfahren die ursprüngliche Unrichtigkeit seiner Angaben eingeräumt. Allerdings machte er auch geltend, dass sich bis zum Zeitpunkt der Prozesskostenhilfebewilligung seine Verhältnisse derart verändert hätten, dass seine Angaben zuletzt nicht mehr falsch gewesen seien und ihm bei objektiver Betrachtung ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe zugestanden hätte. Er berief sich dabei auf eine bisher weit verbreitete Rechtsauffassung, der zufolge § 124 Nr. 2 ZPO allein bezwecke, dem von einer Prozesskostenhilfebewilligung Begünstigten sachlich nicht gerechtfertigte Vorteile wieder zu entziehen und so eine objektiv zutreffende Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe herbeizuführen. Es handele sich um eine rein kostenrechtliche Bestimmung ohne Sanktionscharakter.

Dem ist der BGH nunmehr entgegengetreten. Eine Bestätigung dafür, dass die Vorschrift allein schon die absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachten Falschangaben eines Antragstellers sanktioniert, ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, der Systematik und der Entstehungsgeschichte des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO, sondern auch aus dem Gesetzeszweck. So ist im Prüfungsverfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe, das unter einem besonderen Beschleunigungsgebot steht, der Antragsteller bei der Aufklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnen.

Das Gericht ist im Bewilligungsverfahren, das sich im Interesse des Antragstellers mit einer Glaubhaftmachung der Bewilligungsvoraussetzungen begnügt, in besonderem Maße auf dessen redliches Verhalten angewiesen. Begründet der Antragsteller in vorwerfbarer Weise Zweifel an seiner Redlichkeit, erscheint es durchaus angemessen, ihm die nachgesuchte finanzielle Unterstützung zu versagen, weil ein summarisches Prüfungsverfahren dann nicht mehr möglich erscheint.

Linkhinweise:

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BGH PM Nr. 189 vom 13.11.2012