Rechtsanwalt hat kein Anspruch auf Herausgabe der Telefondurchwahlnummern aller Richter
OVG NRW 6.5.2015, 8 A 1943/13Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er hatte das beklagte Land NRW um die Überlassung eines vollständigen Telefonverzeichnisses des VG Aachen gebeten. Der Präsident teilte ihm daraufhin mit, dass er sich mit den Personalvertretungen darauf verständigt habe, dass über die im Internetauftritt des Gerichts aufgeführten Telefonnummern hinaus keine weiteren Durchwahlnummern herausgegeben werden sollten. Am ehesten seien die Serviceeinheiten der Kammern in der Lage, Auskünfte zu erteilen und die jeweilige Richterin oder den jeweiligen Richter etwa durch einen Vermerk über einen Anruf (und eine etwaige Rückrufbitte) zu unterrichten. Diese Handhabung habe sich bewährt, zumal es in der Regel sinnvoll sei, dass dem Richter zuvor die Akte zugeleitet werde.
Das VG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Das OVG wies sie teilweise ab. Soweit die Telefonnummern der nichtrichterlichen Gerichtsangehörigen betroffen waren, hob es die ablehnende Entscheidung des (vormaligen) Präsidenten des VG Aachen auf und verpflichtete das beklagte Land, den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Die Klage war abgewiesen, soweit sie auf die Herausgabe der Durchwahlnummern aller Richterinnen und Richter gerichtet war. Das Land NRW ist nicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz NRW (IFG NRW) verpflichtet, auf Antrag Zugang zur vollständigen Telefonliste des VG Aachen zu gewähren.
Es besteht kein allgemeiner Anspruch auf Bekanntgabe der Durchwahlnummern aller Richter. Ein solcher Anspruch ist nach § 6 S. 1a IFG NRW ausgeschlossen. Zu den von dieser Vorschrift erfassten Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit zählt auch die Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen. Die Richter des VG Aachen sind - vergleichbar der Übung in den meisten Anwaltskanzleien oder Arztpraxen - nicht direkt über ihre Durchwahlnummer, sondern über die jeweilige Sekretärin bzw. Service-Einheit erreichbar. Und diese Telefonnummern sind auf Internetseite des VG veröffentlicht.
Die Entscheidung des Gerichtspräsidenten diente dem Ziel, die Anrufer gezielt zu führen, ihre Telefonanrufe nach sachlichen Anliegen zu sortieren sowie fachkompetent und arbeitsteilig zu beantworten. Damit sollte eine effektive Aufgabenerledigung sichergestellt werden. Das Antragsziel, diese gerichtsintern vorgesehenen Arbeitsabläufe durch Anrufe direkt bei Richtern zu umgehen, könnte zu einer nachhaltigen Störung der richterlichen Arbeit führen.
Hinsichtlich der Telefonnummern der nichtrichterlichen Gerichtsangehörigen sind öffentliche Belange zwar nicht betroffen. Der Zugang zu diesen Telefonnummern scheiterte aber am Schutz personenbezogener Daten, zumindest solange die betroffenen Gerichtsangehörigen nicht in die Weitergabe ihrer Telefondaten eingewilligt haben. Das Gesetz verpflichtet in diesem Fall dazu, die Betroffenen personenbezogen nach ihrer Einwilligung zu befragen. Dies ist bisher jedoch nicht geschehen. Der ablehnende Bescheid ist daher insoweit aufzuheben und der Beklagte verpflichtet, den Kläger nach Durchführung der Drittbeteiligung neu zu bescheiden.