Rückforderung einer auf erstes Anfordern geleisteten Mietbürgschaft
OLG Oldenburg 9.3.2018, 11 U 104/17Die Klägerin war Mieterin einer Wohnung der Beklagten. Sie hatte gem. § 5 des Mietvertrages eine Mietsicherheit i.H.v. 8.526 € zu leisten und die im Mietvertrag eingeräumte Möglichkeit in Anspruch genommen, die Mietsicherheit durch eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft zu stellen. Diese wies folgende Eigenschaften auf: Betragshöhe 8.526 €, ohne Hinterlegungsklausel, Zahlung auf erste Anforderung, unter Verzicht auf die Einreden gem. § 768 BGB, der Anfechtung und der Aufrechnung gem. § 770 BGB und der Vorausklage gem. § 771 BGB.
Das Mietverhältnis endete am 31.5.2016. Das Objekt wurde vereinbarungsgemäß im Juni 2016 zurückgegeben, wobei am 27.6.2016 ein Übergabeprotokoll erstellt wurde. Zwischen den Parteien blieb allerdings streitig, ob die Klägerin den Verpflichtungen aus dem Mietvertrag auf Durchführung von Schönheitsreparaturen und Instandhaltung des Mietobjektes nachgekommen war. Die Beklagte setzte der Klägerin mit Schreiben vom 27.12.2016 eine letzte Aufforderung zur Beseitigung der von ihr behaupteten Mängel mit einer letzten Nachfrist zum 6.1.2017. Die Klägerin wies die Ansprüche als unbegründet mit außergerichtlichem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 3.1.2017 zurück.
Im Februar 2017 legte die Beklagte der Sparkasse die Bürgschaftsurkunde vor und erhielt von dieser unter Klarstellung, dass hiermit kein Verzicht auf Einwendungen und Einreden im Rahmen eines etwaigen Rückforderungsprozesses verbunden ist, den streitgegenständlichen Betrag ausgezahlt. Die Sparkasse belastete das Konto der Klägerin am 22.2.2017 in entsprechender Höhe. Daraufhin erhob die Klägerin die Einrede der Verjährung. Sie meinte, die streitigen Schadenersatzforderungen der Beklagten seien bereits am 27.12.2016 verjährt gewesen. Ihr stehe ein Anspruch auf Rückforderung der von der Beklagten zu Unrecht in Anspruch genommenen Bürgschaft zu. Der Ausschluss der Rückforderung nach § 214 Abs. 2 BGB gelte nicht bei unfreiwilligen Leistungen, worunter Leistungen aufgrund einer Bürgschaft auf erste Anforderung fielen.
Das LG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 8.526 € nebst Zinsen zu zahlen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das OLG wies die Berufung der Beklagten zurück.
Die Gründe:
Das LG hat den Anspruch der Klägerin auf Rückerstattung gegen die Beklagte zu Recht auf die mietvertragliche Sicherungsabrede gestützt. Ein Rückforderungsrecht des Hauptschuldners aus der Sicherungsabrede besteht, wenn - wie vorliegend - der Bürgschaftsfall nicht eingetreten ist.
Die Beklagte hat die Bürgenleistung materiell zu Unrecht erhalten, denn die streitigen Ansprüche aus dem Mietverhältnis waren Ende 2016 bereits verjährt. Der Anspruch des Vermieters auf Durchführung der Schönheitsreparaturen und Instandhaltungen verjährt sechs Monate nach Rückgabe der Wohnung. Auch die Verjährung des Schadensersatzanspruchs wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen und Instandhaltungen beginnt grundsätzlich mit der Rückgabe der Wohnung (§ 548 Abs. 1 BGB). Mit dem Anspruch auf Ersatz der Renovierungskosten verjähren zugleich die Ansprüche auf alle weiteren aus der Nichterfüllung folgenden Schadensersatzpositionen.
Zu der für den Verjährungsbeginn entscheidenden Frage, wann der die Fälligkeit auslösende Sicherungsfall eingetreten ist, weicht damit die Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht von den allgemein für selbstschuldnerische Bürgschaften geltenden Regeln ab. Der Anspruch aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern entsteht folglich ebenfalls mit Fälligkeit der gesicherten Forderung, sodass auch bei dieser Form der Bürgschaft der Lauf der Verjährungsfrist grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt beginnt. Mithin war nicht nur der gesicherte Anspruch, sondern auch der Anspruch aus der Bürgschaft im Februar 2017 bereits verjährt.
Der Ansicht der Beklagten, die im Wege der Bürgschaft auf erstes Anfordern realisierte verjährte Forderung könne nicht zurückgefordert werden, folgt der Senat nicht. Richtig ist zwar, dass nach § 214 Abs. 2 S. 1 BGB das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. § 214 Abs. 2 BGB ist bei Rückforderungen von im Wege der Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch genommener Leistungen aber nicht anwendbar. Dem steht der Grundsatz entgegen, dass bei Bürgschaften auf erstes Anfordern Einwendungen gegen die materielle Berechtigung der Ansprüche des Begünstigten grundsätzlich erst nach Zahlung durch Rückforderungsklage gegen den Begünstigten geltend gemacht werden können.
Die Sparkasse konnte sich aufgrund der Besonderheit der Bürgschaft auf erstes Anfordern auch nicht auf die Verjährung berufen. Dies war der Sparkasse wegen der rechtlichen Ausgestaltung der Bürgschaft auf erstes Anfordern gerade versagt. Letztlich führt die eingeräumte Möglichkeit, die Mietsicherheit durch eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft zu stellen, auch nicht dazu, dass sämtliche eingeräumten Möglichkeiten rechtlich einer Barkaution gleichzustellen wären. Denn der Vermieter wird nicht schlechter gestellt, wenn er seine ihm vermeintlich zustehenden Ansprüche rechtzeitig verfolgt.
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