Sachleistungen der betrieblichen Altersversorgung unterfallen nicht dem Versorgungsausgleich
BGH 4.9.2013, XII ZB 296/13Auf den im Februar 2011 zugestellten Antrag schied das Familiengericht - AG - die im Jahr 1986 geschlossene Ehe des Antragstellers (Ehemann) und der Antragsgegnerin (Ehefrau) und regelte den Versorgungsausgleich. Während der Ehezeit (siehe § 3 Abs. 1 VersAusglG) hatten beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung, darüber hinaus der Ehemann Anrechte aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der RWE Deutschland AG und die Ehefrau Anrechte aus einer privaten Lebensversicherung erworben.
Das AG teilte die in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie die vom Ehemann in der betrieblichen Altersversorgung erworbenen Anrechte jeweils intern und ordnete hinsichtlich des in der privaten Lebensversicherung erworbenen Anrechts an, dass ein Ausgleich wegen Geringfügigkeit unterbleibe. Mit ihrer Beschwerde begehrt die Ehefrau zusätzlich den Ausgleich eines vom Ehemann bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) erworbenen Anrechts und eines weiteren Anrechts aus einer betrieblichen Zusage der RWE Deutschland AG auf Deputatleistung/Energiepreisvergünstigung. Das OLG wies die Beschwerde zurück.
Die Rechtsbeschwerde der Ehefrau hatte vor dem BGH ebenfalls keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerde ist hinsichtlich des bei der VBL angeblich noch bestehenden Anrechts unzulässig und hinsichtlich der betrieblich zugesagten Deputatleistungen unbegründet.
In der Literatur ist umstritten, ob betriebliche Sachleistungen in Form von Deputaten, die dem Arbeitnehmer für die Zeit nach seinem Eintritt in den Ruhestand zugesagt wurden, im Versorgungsausgleich auszugleichen sind. Die Befürworter eines Ausgleichs berufen sich auf den Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG, wonach ein Anrecht i.S.d. Betriebsrentengesetzes oder des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes unabhängig von der Leistungsform auszugleichen ist. Die Gegner sind der Ansicht, dass Sachdeputate versicherungsmathematisch nicht berechenbar seien und der Gesetzgeber mit der erwähnten Formulierung lediglich auf Kapitalleistung gerichtete Anrechte in den Versorgungsausgleich einbeziehen wollte, die früher in den Zugewinnausgleich fielen. Die zweite Auffassung ist vorzugswürdig.
Bei den hier in Rede stehenden Sachleistungen handelt es sich zwar um solche aus der betrieblichen Altersversorgung, die gem. § 2 Abs. 1 VersAusglG grundsätzlich dem Versorgungsausgleich unterliegen. Auch ließe der offene Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 2 VersAusglG, wonach ein Anrecht i.S.d. Betriebsrentengesetzes unabhängig von der Leistungsform auszugleichen ist, eine Einbeziehung betrieblicher Sachleistungen in den Versorgungsausgleich für sich genommen zu. Die vorgenannte Bestimmung hat der Gesetzgeber allerdings gezielt eingeführt, um einen Versorgungsausgleich auch dann zu ermöglichen, wenn das betriebliche Anrecht auf eine Kapitalleistung gerichtet ist. Eine Öffnung des Versorgungsausgleichs für betrieblich zugesagte Sachleistungen war mit der erweiterten Gesetzesfassung nicht beabsichtigt.
Die Einbeziehung betrieblich zugesagter Sachleistungen würde sich darüber hinaus nicht in das System des Versorgungsausgleichs einfügen. Denn die gesetzlichen Ausgleichsmechanismen setzen Anrechte voraus, die auf eine Geldleistung entweder in Form einer Rente oder als Kapitalbetrag zielen. Würde eine Sachleistung in den Versorgungsausgleich einbezogen, wäre sie bei der Scheidung regelmäßig noch nicht ausgleichsreif i.S.d. § 19 Abs. 2 VersAusglG. Denn die Gewährung der zugesagten Sachleistung steht nach Eintritt des Versorgungsfalls regelmäßig unter besonderen Bedingungen, deren Vorliegen im Zeitpunkt der Scheidung noch nicht feststeht.
Auch eine Geldabfindung der noch zu erwartenden Sachleistungen (§ 23 VersAusglG) kommt nicht in Betracht. Denn der Abfindungsanspruch nach § 23 VersAusglG hat ebenfalls zur Voraussetzung, dass es sich bei dem noch nicht ausgeglichenen Anrecht um ein dem Grund und der Höhe nach gesichertes Anrecht handelt. Dies ist wegen des möglichen Wegfalls der weiteren Anspruchsvoraussetzungen - etwa durch Aufgabe eines eigenen Haushalts im Inland - nicht gegeben.
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