Schadensersatz und Schmerzensgeld nach Biss durch Polizeihund
OLG Karlsruhe 18.6.2015, 9 U 23/14Die Polizei fahndete im November 2012 gegen 23 Uhr auf dem Seeparkgelände in Freiburg nach dem Täter eines kurz zuvor begangenen Raubüberfalls. Der zum Zeitpunkt des Vorfalls 14-jährige Kläger und einige andere Jugendliche rannten davon, als sie die Polizeifahrzeuge sahen, um einer polizeilichen Kontrolle zu entgehen. Aufgrund dieses verdächtigen Verhaltens entschloss sich die Polizei zur Festnahme der Flüchtenden unter Einsatz eines Diensthundes.
Der von der Leine gelassene Diensthund stürzte sich auf den Kläger und fügte ihm zahlreiche Bissverletzungen an beiden Unterarmen, am rechten Oberarm, am Rücken und an den Beinen zu. Nach der Festnahme stellte sich heraus, dass der Kläger mit dem vorausgegangenen Raub nichts zu tun hatte. Der Kläger konnte aufgrund der Verletzungen mehrere Tage seine Hände nicht benutzen, mehrere Wochen war eine Wundversorgung erforderlich.
Der Kläger - vertreten durch seine Eltern - forderte in einem Prozess gegen das Land Baden-Württemberg Schmerzensgeld und Schadensersatz. Er ist der Ansicht, dass der Einsatz des Polizeihundes rechtswidrig gewesen sei.
Das LG gab der Klage teilweise statt und sprach dem Kläger Schadensersatz und Schmerzensgeld zu. Das LG ging allerdings nicht von einer Amtspflichtverletzung des Diensthundeführers aus und nahm auch ein Mitverschulden des zum Zeitpunkt des Vorfalls alkoholisierten Klägers an. Das OLG sprach dem Kläger im Berufungsverfahren Schadensersatz und Schmerzensgeld i.H.v. 2.500 € zu.
Die Gründe:
Es ist zumindest von einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung des Hundeführers der Polizei auszugehen.
Zwar waren die Polizeibeamten berechtigt, den Kläger vorläufig festzunehmen, denn zunächst bestand der Verdacht einer Straftat gegen die Jugendlichen. Jedoch entsprach der Hundeeinsatz nicht den gesetzlichen Voraussetzungen der Anwendung des sogenannten unmittelbaren Zwangs. Für die Vielzahl der Bissverletzungen, die der Kläger erlitten hat, gibt es keinen nachvollziehbaren Grund. Das Ausmaß der Verletzungen ist unverhältnismäßig.
Der Hundeführer war verpflichtet dafür zu sorgen, dass es - jedenfalls - bei einem einzelnen, der Festnahme dienenden Biss bleibt. Der polizeiliche Hundeführer muss den Hund auch in einer Festnahmesituation so beherrschen und kontrollieren, dass ein willkürliches Beißen des Hundes ausgeschlossen ist. Es liegt daher eine zumindest fahrlässige Amtspflichtverletzung des Polizeibeamten vor, für die das Land Baden-Württemberg als Dienstherr einzustehen hat.
Da das Land Baden-Württemberg aus diesem Grund zur Zahlung von 2.500 € Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet ist, kommt es auf weitere Fragen zur Rechtmäßigkeit des Hundeeinsatzes nicht an.