Schadensersatz wegen überhöhter Einkommensteuerfestsetzung kein Arbeitslohn
KurzbesprechungEStG § 8 Abs. 2 Satz 4, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 19 Abs. 1 Satz 2
Im Streitfall ging es um einen Arbeitnehmer, der aufgrund der privaten Nutzung eines ihm überlassenen Dienstfahrzeugs einen geldwerten Vorteil zu versteuern hatte. Hierzu führte er ein Fahrtenbuch, das jedoch vom FA im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung als nicht ordnungsgemäß verworfen wurde. Aufgrund der hieraus ergebenden Einkommensteuernachzahlungen meldete der Steuerpflichtige diesen Vorgang bei der Haftpflichtversicherung seiner Arbeitgeberin. Er war der Auffassung, ihm sei durch die höhere Einkommensteuerfestsetzung ein Schaden entstanden, den seine Arbeitgeberin verschuldet habe. Denn die Arbeitgeberin sei ihrer Überwachungspflicht hinsichtlich der Führung der Fahrtenbücher nicht nachgekommen. Die Haftpflichtversicherung der Arbeitgeberin zahlte dem Steuerpflichtigen daraufhin im Streitjahr 2008 im Vergleichswege pauschal 50.000 €.
Diesen Nachzahlungsbetrag sah das FA nun als steuerpflichtigen Arbeitlohn an. Während das FG der nach erfolglosem Einspruchsverfahren eingelegten Klage stattgab, hob der BFH im Revisionsverfahren die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und Entscheidung zurück.
Arbeitslohn liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Schaden ersetzt, den dieser infolge einer Verletzung arbeits- oder sonstiger zivilrechtlicher (Fürsorge-)Pflichten oder einer unerlaubten Handlung des Arbeitgebers erlitten hat. Denn damit werden nicht die Dienste des Arbeitnehmers vergütet, sondern ein vom Arbeitgeber verursachter Schaden ausgeglichen. Schadensersatz, der wegen überhöhter Einkommensteuerfestsetzung zu leisten ist, dient dem Ausgleich einer Vermögenseinbuße, die nicht in der Erwerbssphäre, sondern in der Privatsphäre eingetreten ist.
Die Erfüllung eines dahingehenden Schadensersatzanspruchs eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber führt beim Arbeitnehmer folglich nicht zu einem Lohnzufluss, obwohl der Arbeitsvertrag als das Rechtsverhältnis, das Grundlage für den Schadensersatzanspruch ist, der Erwerbssphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen ist.
Eine solche Zahlung stellt allerdings nur dann keinen Arbeitslohn, sondern eine einkommensteuerrechtlich unbeachtliche private Vermögensmehrung dar, wenn dem Steuerpflichtigen tatsächlich ein Schaden entstanden ist, die Einkommensteuer also ohne die arbeits- bzw. zivilrechtliche (Fürsorge‑)Pflichtverletzung oder unerlaubte Handlung des Arbeitgebers niedriger festgesetzt worden wäre. Der Schaden berechnet sich dann aus der Differenz zwischen der tatsächlich festgesetzten Einkommensteuer und derjenigen Einkommensteuer, die sich ohne die Pflichtverletzung ergeben hätte.
Dabei muss sichergestellt sein, dass die strittige Zahlung tatsächlich dem Zweck diente, eine dem Steuerpflichtigen entstandene vermeidbare steuerliche Mehrbelastung auszugleichen. Bestehen insoweit Zweifel, muss der Steuerpflichtige, weil die entscheidungserheblichen Umstände in seiner Sphäre liegen, nachweisen, dass dem Arbeitgeber eine von ihm zu vertretende Pflichtverletzung unterlaufen ist, die wiederum in adäquat kausaler Weise die erhöhte Einkommensteuerfestsetzung verursacht hat, und dass die Ersatzleistung dem Ausgleich dieses Schadens diente. Der Steuerpflichtige darf jedoch die mangelnde Steuerbarkeit von Schadensersatzleistungen zum Ausgleich einer überhöhten Einkommensteuerfestsetzung nicht dazu nutzen, Einnahmen, die diese besondere Zweckbindung nicht aufweisen, als Schadensersatzleistungen zu deklarieren, um so steuerpflichtige Einnahmen der Besteuerung zu entziehen.
Das FG wird nun im zweiten Rechtsgang insbesondere zu prüfen haben, ob die Arbeitgeberin gegenüber dem Steuerpflichtigen dienstrechtlich zur Führung eines Fahrtenbuchs für dessen private Einkommensteuer verpflichtet war bzw. ob sie den Steuerpflichtigen über die Anforderungen, die einkommensteuerrechtlich an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellen sind, belehren, entsprechende Hinweise erteilen oder gar die Eintragungen in dem Fahrtenbuch auf ihre steuerliche Ordnungsmäßigkeit überprüfen musste.
Der BFH weist darauf hin, dass die Anforderungen an ein Fahrtenbuch, das die Fahrzeugführer nach § 25 Abs. 5 KfzR zu führen hatten, nicht notwendigerweise mit denen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG übereinstimmen mussten. Feststellungen zu Form und Inhalt des Fahrtenbuchs nach § 25 Abs.5 KfzR hatte das FG nicht getroffen.
Das FG wird auch zu untersuchen haben, ob sich die Aufgabe der Kraftfahrzeugsachbearbeitung bzw. der Fahrdienstleitung gemäß § 9 Abs. 1 Buchst. k KfzR, die Eintragungen im Fahrtenbuch stichprobenhaft, mindestens einmal monatlich zu überprüfen und diese Prüfung im Fahrtenbuch zu vermerken, auch auf das für die private Einkommensteuer (des Steuerpflichtigen) zu führende Fahrtenbuch bezog oder ob diese Aufgabe nicht vielmehr (nur) das dienstrechtlich nach § 25 Abs. 5 KfzR zu führende Fahrtenbuch betraf, was eher nahe liegen dürfte.
BFH, Urteil vom 25.4.2018, VI R 34/16, veröffentlicht am 8.8.2018.