Schmerzensgeld und Schadensersatz für stümperhaftes Tattoo
AG München 13.4.2017, 132 C 17280/16Die Klägerin aus München hatte sich bei der beklagten Tätowiererin in München-Schwabing im März 2016 auf den linken Unterarm die Schriftzüge "Je t´aime mon amour, Tu es ma vie, Nous Ensemble Pour Toujours, L. ♥ A." stechen lassen. Sie zahlte dafür 80 € in bar. Kurz darauf erfolgte durch die Beklagte auf Wunsch der Klägerin ein korrigierendes Nachstechen, wofür weitere 20 € fällig wurden.
Die Klägerin war der Ansicht, dass das Tattoo handwerklich in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft sei. Der gesamte Schriftzug sei verwaschen und unleserlich, die Wörter seien nicht in einer einheitlichen Größe gestochen, Abstände der verschiedenen Wörter und Zeilen würden teilweise deutlich abweichen, einzelne Wörter seien schief, die Linienführung mangelhaft, verwaschen, nicht durchgehend und an einzelnen Stellen ausfransend. Sie fühlte sich außerdem getäuscht von der Beklagten, die ihr wahrheitswidrig gesagt habe, dass sie über mehrjährige Tätowiererfahrung verfüge. Auf ihrer Internetplattform habe die Beklagte fremde Tätowierungen als Referenzen eingestellt.
Die Klägerin forderte von der Beklagten Schmerzensgeld und wollte gerichtlich festgestellt bekommen, dass ihr die zukünftigen Schäden aus der mangelhaften Tätowierung von der Beklagten ersetzt werden müssen. Sie beabsichtigte nämlich, die Tätowierung mittelfristig entfernen zu lassen, wodurch weitere Kosten und Schmerzen entstehen könnten. Das AG gab der Klage statt.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.000 € Schmerzensgeld sowie auf Rückzahlung der veranschlagten 100 €. Außerdem muss sie der Klägerin sämtliche Folgeschäden aus der mangelhaften Tätowierung ersetzen.
Die Beklagte hatte die Klägerin durch die Mangelhaftigkeit des Tattoos in ihrer körperlichen Unversehrtheit verletzt. Das Gutachten des hinzugezogenen Sachverständigen hatte bestätigt, dass bei dem streitgegenständlichen Tattoo handwerkliche und gestalterische Mängel - wie etwa unterschiedliche Strichbreiten und verwackelte Linien, uneinheitliche Abstände zwischen den Buchstaben, teilweise zu eng - unübersehbar seien. Außerdem sei es völlig unscharf, was wohl an einer mehrfachen Nachbesserung der Konturlinie liegen würde. Da ein professioneller Tätowierer - worunter die Beklagte nach ihren eigenen Angaben fällt - derartige Fehler nicht macht, entspricht das Tattoo auch nicht der Qualität, die die Klägerin erwarten durfte. Die entsprechenden Mängel sind angesichts der deutlichen Angaben des Sachverständigen auch nicht durch die mangelhafte Pflege der Klägerin begründet, sondern allein durch die Beklagte.
Hinsichtlich des Vorwurfs der Täuschung stand fest, dass selbst dann, wenn die Behauptungen der Klägerin richtig sind, diese Umstände keine Ansprüche begründen könnten, da die Klägerin in die Prozedur eingewilligt hatte. Bei den Fragen der Berufserfahrung und etwaiger Referenzbilder handelt es sich nur um ein unbeachtliches Motiv für die Einwilligung - was sich bereits aus der Überlegung ergibt, dass die Klägerin diesen Rechtsstreit kaum angestrengt hätte, wenn das Tattoo handwerklich vollkommen in Ordnung wäre, aber es zuträfe, dass die Beklagte nicht über die behauptete Berufserfahrung verfügt.