26.04.2016

Signifikante Erfahrungen im Anwaltsberuf nur durch auch in qualitativer Hinsicht nicht ganz unbedeutende Tätigkeit

Die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit des § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BNotO setzt voraus, dass der Bewerber durch seine anwaltliche Tätigkeit zeitlich und quantitativ signifikante Erfahrungen im Anwaltsberuf erworben hat. Signifikante Erfahrungen im Anwaltsberuf hat nur der Bewerber gesammelt, dessen anwaltliche Tätigkeit auch in qualitativer Hinsicht nicht ganz unbedeutend war.

BGH 14.3.2016, NotZ(Brfg) 5/15
Der Sachverhalt:
Im Amtsblatt von Berlin vom 8.11.2013 waren 19 Notarstellen neu ausgeschrieben worden. Der Kläger ist Rechtsanwalt und bewarb sich daraufhin für eine dieser Stellen. Die Beklagte zog den Kläger nicht weiter in Betracht, weil er im maßgeblichen Zeitpunkt die allgemeine Wartezeit des § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BNotO noch nicht erfüllt hatte. So hatte er nicht nachgewiesen, dass er bei Ablauf der Bewerbungsfrist mindestens fünf Jahre in nicht unerheblichem Umfang für verschiedene Auftraggeber als Rechtsanwalt tätig war.

Das KG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Der BGH wies den Antrag auf Zulassung der Berufung zurück.

Gründe:
Dem Kläger steht kein Anspruch darauf zu, dass die Beklagte über seine Bewerbung um eine der im Amtsblatt von Berlin vom 8.11.2013 ausgeschriebenen 19 Notarstellen neu entscheidet.

Dem Kläger kann eine der ausgeschriebenen Notarstellen bereits deshalb nicht übertragen werden, weil er im maßgeblichen Zeitpunkt die allgemeine Wartezeit des § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BNotO noch nicht erfüllt hatte. An der Verfassungsmäßigkeit der Regelung bestehen keine Zweifel. Die Vorschrift geht zurück auf § 6 Abs. 2 Nr. 1 BNotO in der Fassung vom 29.1.1991, wonach der Bewerber um ein Notaramt mindestens fünf Jahre zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein musste. Die Ausgestaltung der allgemeinen Wartezeit, insbesondere die Frage, ob für eine erfolgreiche Bewerbung um eine Stelle als Anwaltsnotar eine zeitlich, quantitativ und qualitativ erhebliche Berufserfahrung als Rechtsanwalt zu fordern ist, fällt in den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.

Die Formulierung "in nicht unerheblichem Umfang" ist dahingehend auszulegen, dass der Bewerber in erheblichem, ins Gewicht fallendem Maße als Rechtsanwalt tätig gewesen sein muss. Wie sich aus dem mit der Norm verfolgten Ziel ergibt, muss er durch seine anwaltliche Tätigkeit zeitlich und quantitativ signifikante Erfahrungen im Anwaltsberuf erworben haben. Signifikante Erfahrungen im Anwaltsberuf hat nur der Bewerber gesammelt, dessen anwaltliche Tätigkeit auch in qualitativer Hinsicht nicht ganz unbedeutend war. So sind die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 u. 2 BNotO etwa nicht erfüllt, wenn sich die anwaltlichen Leistungen des Bewerbers im maßgeblichen Zeitraum darauf beschränken, Mahnschreiben für verschiedene Inkassobüros zu versenden.

Der Kläger hatte insgesamt lediglich einen Zeitraum von vier Jahren und gut vier Monaten abgedeckt. Entgegen seiner Auffassung dient das Bestellungskriterium der örtlichen Wartezeit nicht allein dazu, schlechteren örtlichen Bewerbern in Abweichung vom Grundsatz der Bestenauslese Schutz vor der Konkurrenz auswärtiger Bewerber zu gewähren. Durch das Erfordernis der örtlichen Wartezeit soll vielmehr sichergestellt werden, dass der Bewerber Vertrautheit mit den örtlichen Verhältnissen erlangt hat und vor Ort bereits über eine eingerichtete Anwaltskanzlei und damit über die organisatorischen Voraussetzungen verfügt, um das Büro an die Erfordernisse des Notaramts anzupassen. Die unterschiedliche Behandlung gegenüber Nur-Notaren ist dadurch gerechtfertigt, dass letztere vor der Übertragung eines Notaramts einen mehrjährigen Anwärterdienst ableisten müssen.

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