22.04.2015

So-Nicht-Unfall in Bezug auf die Schadenshöhe

Der Geschädigte muss auch die haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem Unfallgeschehen und dem erlittenen Schaden beweisen. Ihm ist trotz nachgewiesenen Unfallgeschehens kein Schadensersatz zuzusprechen, wenn er nicht auch beweisen kann, dass der von ihm konkret ersetzt verlangte Schaden insgesamt oder zumindest als abgrenzbarer Teil bei dem Unfall entstanden ist (sog. "So-Nicht-Unfall" in Bezug auf die Schadenshöhe).

OLG Hamm 10.3.2015, 9 U 246/13
Der Sachverhalt:
Der 26 Jahre alte Kläger verlangte von der beklagten Versicherung Schadensersatz aufgrund eines Unfallgeschehens, das sich im Dezember 2010 auf schneeglatter Fahrbahn in Essen ereignete. Dort hatte der Kläger seinen Pkw Passat im Bereich einer Laterne geparkt. Der von dem weiteren Unfallbeteiligten gesteuerte und bei der Beklagten versicherte Mietwagen geriet auf der glatten Fahrbahn ins Rutschen und kollidierte mit dem Passat. Dabei blieb die Laterne, wie bei der polizeilichen Unfallaufnahme festgestellt, unbeschädigt. Die gerichtliche Vernehmung des Klägers, des Fahrers des Mietfahrzeugs sowie seines Begleiters und auch einer den Unfall aufnehmenden Polizeibeamtin bestätigte ein Unfallgeschehen.

Das LG wies dennoch den Schadensersatzanspruch des Klägers ab. Auch seine Berufung vor dem OLG blieb erfolglos.

Die Gründe:
Der vom Kläger gegen die Beklagte geltend gemachte Schadensersatzanspruch bestand unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG.

Einem Geschädigten ist trotz nachgewiesenen Unfallgeschehens kein Schadensersatz zuzusprechen, wenn er nicht auch beweisen kann, dass der von ihm konkret ersetzt verlangte Schaden insgesamt oder zumindest als abgrenzbarer Teil bei dem Unfall entstanden ist (sog. "So-Nicht-Unfall" in Bezug auf die Schadenshöhe). Nach dem vom Senat eingeholten unfallanalytischen Sachverständigengutachten ließen sich die vom Kläger behaupteten Unfallschäden der feststellbaren Kollision mit dem Mietwagen nicht zuordnen.

Die technische Unfallanalyse kam zwar zu dem Ergebnis, dass der Passat vom Mietwagen angestoßen wurde, indem er über den Bordstein gerutscht und gegen die Laterne geprallt war. Demgegenüber hat die technische Analyse aber nicht mit der für den Kausalitätsnachweis notwendigen, überwiegenden Wahrscheinlichkeit bestätigt, dass der Passat bei dem nachweisbaren Unfallgeschehen die vom Kläger vorgetragenen Schäden in ihrer Gesamtheit oder - abgrenzbar - zum Teil erlitten hatte.

So war die Laterne unbeschädigt geblieben, obwohl sie nach den am Passat vorhandenen Schäden ebenfalls hätte beschädigt sein müssen. Auch setzte das tatsächlich vorhandene Schadensbild einen Höhenversatz bei den am Unfall beteiligten Fahrzeugen voraus, der sich beim feststellbaren Unfallgeschehen nicht ergeben hatte. Nach diesem hätten die Räder des Passat zudem mit der Bordsteinkante kollidieren müssen. Auch das dann zwangsläufig zu erwartende Schadensbild wiesen sie nicht auf.

Das Beweisergebnis ging zu Lasten des Klägers. Er musste nicht nur das Unfallgeschehen, sondern auch die haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem Unfallgeschehen und dem erlittenen Schaden beweisen. Die Frage einer Unfallmanipulation musste allerdings nicht weiter geklärt werden, da dem Kläger bereits der Kausalitätsnachweis nicht gelungen war.

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OLG Hamm PM v. 22.4.2015