Sofortige Beschwerde gegen Ablehnung der öffentlichen Zustellung eines Scheidungsantrags
BGH 25.2.2015, XII ZB 242/14Die Antragstellerin hatte die Scheidung von ihrem Ehemann, dem Antragsgegner, begehrt. Da die Antragsschrift dem Antragsgegner nicht unter der der Antragstellerin bekannten Adresse zugestellt werden konnte, beantragte sie beim AG die öffentliche Zustellung des Scheidungsantrags. Das AG wies den Antrag jedoch mit einem am 10.1.2014 zugestellten Beschluss zurück. Die enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung lautete auszugsweise:
"Diese Entscheidung kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Amtsgericht [...] oder dem Oberlandesgericht [...] einzulegen".
Die am 29.1.2014 beim AG eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das OLG als unstatthaft verworfen. Auf die Rechtsbeschwerde, mit der die Antragstellerin weiterhin die öffentliche Zustellung des Scheidungsantrags begehrte, hob der BGH den Beschluss auf und wies die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Gründe:
Die Annahme des Beschwerdegerichtes, die Ablehnung der öffentlichen Zustellung des Scheidungsantrags könne als Zwischenentscheidung nicht mit der sofortigen Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO angefochten werden, war nicht frei von Rechtsirrtum.
Es werden unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob sich in Ehe- und Familienstreitsachen die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde gegen Zwischen- und Nebenentscheidungen allein aus § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergeben kann oder daneben auch die Generalklausel des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO anwendbar ist. Teilweise wird angenommen, solche Entscheidungen seien nur dann selbständig anfechtbar, wenn die gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG anwendbare Vorschrift der ZPO eine Anfechtbarkeit mittels sofortiger Beschwerde ausdrücklich vorsehe. Aus § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO könne sich mangels Verweisung auf diese Vorschrift in § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG und wegen des Wortlauts des § 58 Abs. 1 Hs. 2 FamFG die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde nicht ergeben.
Nach anderer Auffassung sollen nicht instanzbeendende Entscheidungen, die in Ehe- und Familienstreitsachen auf der Grundlage von Vorschriften der Zivil-prozessordnung ergangen sind, in gleichem Umfang anfechtbar sein wie bei der unmittelbaren Anwendung der jeweiligen Vorschrift in sonstigen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Für den Fall der Ablehnung der öffentlichen Zustellung eines Scheidungsantrags hält der Senat diese Auffassung für zutreffend.
Aus der Regelungssystematik des § 567 Abs. 1 ZPO folgt, dass es bei Vorschriften der ZPO, aufgrund derer Zwischen- und Nebenentscheidungen getroffen werden können, dann keiner besonderen Anordnung der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde bedarf, wenn es sich um Entscheidungen handelt, die auf Antrag einer der prozessbeteiligten Parteien ergehen. Diese Regelungssystematik ist auch bei der Prüfung der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde in Ehe- und Familienstreitsachen zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass sich die Anfechtbarkeit von Zwischen- und Nebenentscheidungen in Ehe- und Familienstreitsachen aus der jeweiligen Bezugnahme auf die Zivilprozessordnung ergibt.
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