21.06.2012

Steinwurf: Kommune muss Erfüllung der Aufsichtspflicht des Kita-Personals beweisen

Für die Frage der Aufsichtspflichtverletzung in einer Kita muss immer die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden, wie etwa die Eigenheiten der jeweiligen Kinder, die örtlichen Gegebenheiten und die Aufsichtssituation. In einem solchen Fall der Amtshaftung muss nach Ansicht des OLG Koblenz grundsätzlich die Kommune beweisen, dass die Erzieherinnen ihre Aufsichtspflicht erfüllt haben.

OLG Koblenz 21.6.2012, 1 U 1086/11
Sachverhalt:
Im Juni 2010 hatte der Kläger sein Fahrzeug am Rande des Außenbereichs einer städtischen Kindertagesstätte abgestellt und begab sich in das anliegende Gebäude. Auf dem Freigelände der Kita hielt sich u.a. eine Gruppe von acht Kindern auf, die von einer Erzieherin betreut wurden. Drei Kinder verließen die Gruppe und begaben sich in Richtung des Außenzaunes, der zur unmittelbar angrenzenden Parkfläche durchlässig ist. Sie nahmen Steine und warfen diese gegen das parkende Auto des Klägers. Es handelte sich um so viele Steine, dass insgesamt 21 Dellen im Fahrzeug festgestellt wurden.

Der Kläger verlangte von der Stadt als Trägerin der Kita Schadensersatz i.H.v. rund 1.125 € aus Amtshaftung. Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hob das OLG das erstinstanzliche Urteil auf und gab der Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.

Gründe:
Der Kläger hat gegen die beklagte Stadt einen Schadensersatzanspruch.

Zwar ist eine permanenten und lückenlose Überwachung von Kindern "auf Schritt und Tritt" in einer Kita nicht zu gewährleisten und auch nicht geboten. Allerdings muss für die Frage der Aufsichtspflichtverletzung immer die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden, wie etwa die Eigenheiten der jeweiligen Kinder, die örtlichen Gegebenheiten und die Aufsichtssituation. Die Beschaffenheit des Freigeländes (lockere große Kieselsteine, durchlässiger Zaun zur unmittelbar angrenzenden Parkfläche) im vorliegenden Fall hatte ein konkretes Gefahrenpotential für fremdes Eigentum entstehen lassen. Wenn sich dann drei spielende Kinder aus ihrer Gruppe in Richtung Zaun entfernten, dürften diese nicht länger andauernd unbeobachtet bleiben.

Ein Zeuge hatte zudem angegeben, die Steine seien "wie bei einem Maschinengewehr" auf das Auto geprallt. Infolgedessen hätten die Erzieherinnen auf dem Außengelände den Vorfall mitbekommen müssen.

In einem solchen Fall der Amtshaftung muss nach Ansicht des Senats grundsätzlich die Kommune beweisen, dass die Erzieherinnen ihre Aufsichtspflicht erfüllt haben. Diese rechtliche Frage ist in der Rechtsprechung allerdings umstritten. Andere OLG sehen in solchen Fällen den Geschädigten in der Pflicht, auch die Verletzung der Aufsichtspflicht beweisen zu müssen. Infolgedessen war die Sache hinsichtlich dieser Rechtsfrage zur Revision zuzulassen.

OLG Koblenz PM v. 21.6.2012
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