03.01.2019

Steuerbefreiung von notärztlichen Bereitschaftsdiensten

Leistungen eines Arztes im Rahmen eines Notdienstes, die dazu dienen, gesundheitliche Gefahrensituationen frühzeitig zu erkennen, um sofort geeignete Maßnahmen einleiten und damit einen größtmöglichen Erfolg einer (späteren) Behandlung sicherstellen zu können, sind nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfreie Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin.

Kurzbesprechung
BFH v. 2.8.2018 - V R 37/17

UStG § 4 Nr. 14 Buchst. a

Streitig war die Steuerfreiheit von Umsätzen aus dem notärztlichen Bereitschaftsdienst bei verschiedenen Veranstaltungen durch den als Arzt tätigen Steuerpflichtigen. Zu seinem Betätigungsfeld gehörte u.a. der Bereitschaftsdienst bei Sport- und ähnlichen Veranstaltungen. Die Aufgaben des Steuerpflichtigen umfassten dabei, den Veranstaltungsbereich im Vorfeld zu kontrollieren und die Verantwortlichen im Hinblick auf mögliche Gesundheitsgefährdungen zu beraten. Während der Veranstaltung sollte er bei kontinuierlichen Rundgängen frühzeitig Gefahren und gesundheitliche Probleme der anwesenden Personen erkennen. Bei Bedarf sollte er ärztliche Untersuchungen und Behandlungen von Patienten durchführen. Umsatzsteuer wurde in den Rechnungen nicht ausgewiesen. In Rechnung gestellt wurde die "notärztliche bzw. sanitätsdienstliche Betreuung".

Das FA unterwarf die vom Steuerpflichtigen für den Veranstalter erbrachten Leistungen der Umsatzsteuer. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Der BFH entschied jedoch im Revisionsverfahren, dass die in Rede stehenden ärztlichen Leistungen des Steuerpflichtigen von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erfasst werden. Denn der Begriff der Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin ist "nicht besonders eng auszulegen". Er umfasst die Diagnose, die Behandlung und, soweit möglich, die Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Heilbehandlungen müssen einen therapeutischen Zweck haben. Zu den Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gehören auch Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden, wie vorbeugende Untersuchungen und ärztliche Maßnahmen an Personen, die an keiner Krankheit oder Gesundheitsstörung leiden, sowie Leistungen, die zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden. Daraus folgt, dass ärztlichen Leistungen, die zu dem Zweck erbracht werden, die menschliche Gesundheit zu schützen, aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, unter die Befreiungsvorschrift fallen.

Allerdings kann der Begriff "ärztliche Heilbehandlung" nicht auf sämtliche Leistungen, die mit der Behandlung von Patienten zusammenhängen, ausgedehnt werden. Keine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin sind ärztliche Leistungen, Maßnahmen oder medizinische Eingriffe, die zu anderen Zwecken erfolgen. Dabei steht der Steuerbefreiung jedoch nicht entgegen, wenn Leistungen nicht gegenüber Patienten oder Krankenkassen erbracht werden. Denn für die Steuerfreiheit kommt es nicht auf die Person des Leistungsempfängers an, da sich die personenbezogene Voraussetzung der Steuerfreiheit auf den Leistenden bezieht, der Träger eines ärztlichen oder arztähnlichen Berufs sein muss.

Vor diesem Hintergrund kam der BFH zu dem Ergebnis, dass es sich bei den vom Steuerpflichtigen ausgeführten Diensten um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin handelte. Jedenfalls der ärztliche Notfalldienst für den Veranstalter in der vom Steuerpflichtigen versehenen Form diente unmittelbar dem Schutz und der Aufrechterhaltung der menschlichen Gesundheit. Ähnlich wie Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden, zielten die Leistungen des Steuerpflichtigen darauf ab, gesundheitliche Gefahrensituationen frühzeitig zu erkennen, um sofort entsprechende Maßnahmen einleiten und damit einen größtmöglichen Erfolg einer (späteren) Behandlung sicherstellen zu können. Das ist eine unmittelbar ärztliche Tätigkeit, die auch nur von einem Arzt geleistet werden kann. Die Einbeziehung dieser Tätigkeit in die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steht daher mit den Zielen im Einklang, die mit dieser Befreiung verfolgt werden.

BFH, Urteil vom 2.8.2018, V R 37/17, veröffentlicht am 2.1.2019.
 

Verlag Dr. Otto Schmidt