26.10.2017

Steuerfreiheit heileurythmischer Heilbehandlungsleistungen

Der Nachweis der erforderlichen Berufsqualifikation kann sich aus der Zulassung des Heileurythmisten zur Teilnahme an den Verträgen zur Integrierten Versorgung mit Anthroposophischer Medizin nach §§ 140a ff. SGB V (i.d.F. vor dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 16. Juli 2015) ergeben. Die Steuerbefreiung erstreckt sich auf sämtliche heileurythmische Heilbehandlungsleistungen des Leistungserbringers.

Kurzbesprechung
BFH v. 26.7.2017 - XI R 3/15

UStG § 4 Nr. 14a Satz 1

Umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Der Begriff "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" ist ein autonomer unionsrechtlicher Begriff und umfasst Leistungen, die zur Diagnose, Behandlung und, so weit wie möglich, Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen. Diese Voraussetzungen waren im entschiedenen Streitfall erfüllt, da die jeweils auf ärztliche Verordnung hin erbrachten heileurythmischen Leistungen der Steuerpflichtigen dem Zweck der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen der Leistungsempfänger dienten.

Auch den für die Steuerbefreiung der Heilbehandlungsleistung erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweis hatte die Steuerpflichtige erbracht.

Ihre berufliche Qualifikation ergab sich zwar nicht aus berufsrechtlichen Regelungen, jedoch hatte die Steuerpflichtige den Nachweis ihrer beruflichen Qualifikation durch ihre Teilnahmeberechtigung an den Integrierten Versorgungsverträgen (IV- Verträge) erbracht. Denn die für Versorgungsverträge und Gesamtvereinbarungen geltenden Grundsätze gelten auch für IV- Verträge nach den §§ 140a ff. SGB V (i.d.F. vor dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 16. 7. 2015, BGBl I 2015, 1211), die Berufsverbände von Leistungserbringern mit gesetzlichen Krankenkassen abschließen, sofern der jeweilige Berufsverband die Teilnahmeberechtigung der Leistungserbringer davon abhängig macht, dass die in den Verträgen enthaltenen Qualifikationsanforderungen erfüllt werden. Die vor dem Streitjahr abgeschlossenen IV - Verträge mit gesetzlichen Krankenkassen betrafen die Versorgung mit Anthroposophischer Medizin, zu der auch die Heileurythmie gehört.

Die Steuerpflichtige war ordentliches Mitglied im Bundesverband Heileurythmie e.V. (BVHE) und konnte damit als Leistungserbringerin in die integrierte Versorgung mit Anthroposophischer Medizin einbezogen werden. Sie erfüllte ferner die in den IV-Verträgen konkret benannten Qualifikationsanforderungen, da sie nach Erwerb des "Diploms für Eurythmie" eines Instituts für Waldorfpädagogik sowie des "Heileurythmie-Diploms" einer Schule für Eurythmische Heilkunst  zur Teilnahme an den IV-Verträgen zugelassen war.

Hieraus ergab sich der für die Steuerfreiheit erforderliche Befähigungsnachweis gleichermaßen wie für eine Rehabilitationseinrichtung, die auf Grund eines Versorgungsvertrags gemäß § 11 Abs. 2, §§ 40, 111 SGB V mit Hilfe von Fachkräften Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbringt, soweit diese Fachkräfte die in dem Versorgungsvertrag benannte Qualifikation haben. Ist die erforderliche berufliche Qualifikation nachgewiesen, erstreckt sich die Steuerbefreiung auf sämtliche erbrachten Heilbehandlungsleistungen.

BFH, Urteil vom 26.7.2017, XI R 3/15, veröffentlicht am 25.10.2017.

Verlag Dr. Otto Schmidt