Steuerliche Berücksichtigung von Zuwendungen an eine in der EU belegene Kirche
KurzbesprechungEStG § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Satz 6
AO § 51 Abs. 2
FGO § 118 Abs. 2, § 155 Satz 1
ZPO § 293
Die Steuerpflichtige begehrte im Streitjahr 2010 den Sonderausgabenabzug gemäß § 10b EStG für Spenden in Höhe von 15.000 €, die sie in diesem Jahr an die griechisch-katholische Pfarrgemeinde P in C (Rumänien) geleistet hatte. P wurde laut ihrer Satzung aufgrund des Gesetzesdekrets Nr. 126 vom 24.4. 1990 errichtet; sie ist eine "rumänische juristische Person mit religiösem Charakter", die humanitäre, geistliche, religiöse, erzieherische, wohltätige und kulturelle Zwecke verfolgt. Die Zuwendungen der Steuerpflichtigen dienten der Errichtung einer Kirche in C, die sich im Jahr 2010 noch in der Bauphase befand und erst aufgrund der Zahlungen der Steuerpflichtigen fertig gestellt werden konnte.
Die Steuerpflichtige legte u.a. eine von dem Pfarrer unterzeichnete Spendenbescheinigung der P in rumänischer Sprache samt nicht amtlicher deutscher Übersetzung vor, in der ihr für den Erhalt von 1.000 € für die Konstruktion der neuen Kirche gedankt wird, sowie eine ebenfalls von dem Pfarrer unterzeichnete Erklärung in französischer Sprache, in der dieser den Erhalt von weiteren Zuwendungen im Jahr 2010 in Höhe von insgesamt 14.000 € bestätigt. Zudem enthält diese Erklärung eine Beschreibung der Bauabschnitte und eine Zusicherung, dass die Mittel nur hierfür verwendet worden seien.
Das FA ließ die Spenden nicht zum Abzug zu, da der gemäß § 10b Abs. 1 Satz 6 EStG erforderliche strukturelle Inlandsbezug fehle und die vorgelegten Zuwendungsbestätigungen nicht ordnungsgemäß seien. Während die erhobene Klage Erfolg hatte, hob der BFH im Revisionsverfahren die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung an die Vorinstanz zurück.
Voraussetzung für den Spendenabzug nach § 10b EStG ist u.a., dass diese Zuwendungen an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder an eine öffentliche Dienststelle geleistet werden, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder in einem Staat belegen ist, auf dem das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) Anwendung findet. Ein Sonderausgabenabzug ist ebenfalls bei Spenden an eine in der EU/dem Geltungsbereich des EWR-Abkommens belegene Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse möglich, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 zweiter Halbsatz KStG steuerbefreit wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde (§ 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG).
Im FG - Verfahren waren die Verfahrensbeteiligten übereinstimmend davon ausgegangen, dass P eine juristische Person des öffentlichen Rechts i.S. des § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG ist. Diese Feststellung war nach Auffassung des BFH jedoch nicht haltbar, vielmehr bedarf es hierzu weiterer Feststellungen des FG, ob P als juristische Person des öffentlichen Rechts nach dem rumänischen Recht anzusehen ist.
Sollte sich dabei herausstellen, dass P keine juristische Person des öffentlichen, sondern des Privatrechts ist, hat das FG unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH weiter zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG erfüllt sind.
Im Gegensatz zur Auffassung des FA scheitert der Spendenabzug der Steuerpflichtigen weder an der Unentgeltlichkeit der Zuwendung noch an der fehlenden Vorlage ausreichender Zuwendungsbescheinigungen. Denn die im FG- Urteil aufgezählten "Vorteile" (Gravur des Namens in den Altar, Nennung in den Fürbitten und Einladung zu dem Weihefest) sind auch nach Auffassung des BFH lediglich Ausfluss der gemeinnützigen Mittelvergabe.
Auch die formellen Voraussetzungen für einen Spendenabzug sind gegeben, da die von der Steuerpflichtigen vorgelegten Unterlagen in hinreichender Weise die satzungsgemäße Verwendung der Spenden dokumentieren und als Zuwendungsbestätigung im Sinne der hierzu bereits ergangenen BFH - Rechtsprechung ausreichen.
Da P in Rumänien ansässig und auch nur dort tätig ist, verwirklicht sie ihre vornehmlich religiösen Zwecke nicht im Inland. Infolgedessen kann der Spendenabzug gemäß § 10b Abs. 1 Satz 6 EStG nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn entweder natürliche inländische Personen gefördert werden (erste Alternative) oder die Tätigkeit des Zuwendungsempfängers neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen Deutschlands beitragen kann (zweite Alternative). Nach Ansicht des BFH wären die Voraussetzungen des § 10b Abs. 1 Satz 6 EStG im Streitfall erfüllt.
Der Wortlaut der im Streitfall allein in Betracht kommenden zweiten Alternative fordert einen Inlandsbezug der gemeinnützigen Tätigkeit der ausländischen Spendenempfängerin, also der P. Hierzu können die vom FG getroffenen bindenden Feststellungen (Gravur des Namens der Steuerpflichtigen im Fuße des Altars, ihre Nennung in den Fürbitten, Einladung zur Weihe, namentliche Erwähnung in der Presse) im Streitfall ausreichen, um die Voraussetzung, dass die gemeinnützige Tätigkeit der rumänischen Kirchengemeinde P auch zum Ansehen Deutschlands beitragen kann, als erfüllt anzusehen.
BFH, Urteil vom 22.3.2018, X R 5/16, veröffentlicht am 4.7.2018