03.05.2018

Steuerpauschalierung für betrieblich veranlasste Zuwendungen

Die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfasst nur Zuwendungen, die bei den Zuwendungsempfängern zu einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen. Außerdem setzt § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG die betriebliche Veranlassung der Zuwendungen voraus und fordert darüber hinaus, dass diese Zuwendungen zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung des Steuerpflich-tigen erbracht werden. Für das Zusätzlichkeitserfordernis in § 37b EStG reicht es des-halb nicht aus, dass die Zuwendung des Steuerpflichtigen zu einer Leistung eines Dritten an den Zuwendungsempfänger hinzutritt.

Kurzbesprechung
BFH v. 21.2.2018 - VI R 25/16

EStG § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

Streitig war, ob die Voraussetzungen einer Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzu-wendungen nach § 37b EStG vorliegen. Die Steuerpflichtige vertreibt Fotokameras, Objektive und Blitzgeräte. In den Jahren 2006 bis 2010 führte sie in mehreren Aktionszeiträumen ein Verkaufsförderungsprogramm "Bonussystem für Verkaufsprofis" durch. Teilnahmeberechtigt waren beratende - nicht bei der Steuerpflichtigen beschäftigte - Fachverkäufer im stationären Handel und damit selbständige Betriebsinhaber sowie deren Arbeitnehmer. Jeder Fachverkäufer konnte durch den Verkauf bestimmter Produkte der Steuerpflichtigen an Endverbraucher sog. Bonuspunkte sammeln. Hierzu musste er den unteren Teil der Garantiekarte des verkauften Produkts abtrennen und an eine GmbH schicken. Nach einer Registrierung als "Clubmitglied" konnte er die gesammelten Punkte dort "einlösen" und aus einem Prämienkatalog verschiedene Sachprämien und Gutscheine kostenfrei bestellen. Hiervon machten überwiegend angestellte Fachverkäufer Gebrauch. Die Sachprämien und Gutscheine stellte die GmbH der Steuerpflichtigen in Rechnung.

In den Lohnsteuer-Anmeldungen für die streitigen Lohnzahlungszeiträume unterwarf die Steuerpflichtige die ihr von der GmbH in Rechnung gestellten Prämien einer pauschalen Lohnbesteuerung mit 30 %. Im Klageverfahren wandte sie sich gegen die Besteuerung der der Höhe nach unstreitigen Zuwendungen aus dem "Bonusprogramm" nach § 37b EStG. Während das FG die Klage abwies, gab der BFH dem Klagebegehren im Revisionsverfahren Recht.

Nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG können Steuerpflichtige die Einkommensteuer einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden und nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erheben. Die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfasst nicht alle Zuwendun-gen schlechthin. § 37b EStG beschränkt sich vielmehr auf Zuwendungen, die bei den Zuwendungsempfängern zu einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen. Denn § 37b EStG begründet keine weitere eigenständige Einkunftsart und keinen sonstigen originären (Einkommen) Steuertatbestand, sondern stellt lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl. Das folgt aus dem Wortlaut des § 37b EStG sowie aus rechtssystematischen Gründen und aus der Einordnung des § 37b EStG in das Gesamtgefüge des Einkommensteuergesetzes.

Darüber hinaus setzt § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausdrücklich die betriebliche Veranlassung der Zuwendungen voraus und fordert zudem, dass diese Zuwendungen zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung des Steuerpflichtigen erbracht werden. Diese Voraussetzungen schränken den Anwendungsbereich der Pauschalierungsnorm weiter ein. Der Tatbestand erfasst insoweit nicht sämtliche unabhängig von einem bestehenden Leis-tungsaustausch erbrachten Zuwendungen, sondern nur solche, die ergänzend zu einem synallagmatischen Leistungsaustausch zwischen Steuerpflichtigem und Zuwendungsempfänger hinzutreten, in dem die Zuwendungen zwar nicht geschuldet, aber durch den Leistungsaustausch veranlasst sind.

Der Umstand, dass die Zuwendung des Steuerpflichtigen zu einer Leistung eines Dritten an den Zuwendungsempfänger (z.B. eines Kunden des Steuerpflichtigen) hinzutritt, reicht deshalb nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass zwischen dem Zuwendenden (Steuerpflichtigen) und dem Leistungsempfänger eine Leistung oder Gegenleistung (Grundgeschäft) vereinbart ist und die Zuwendung zusätzlich, d.h. freiwillig, zur geschuldeten Leistung oder Gegenleistung hinzukommt.

Im Streitfall hatte das FG zu Unrecht darauf erkannt, dass die Steuerpflichtige die streitbefangenen Prämien zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht hatte. Die von ihr an die selbständigen wie angestellten Fachverkäufer ausgereichten Prämien waren durch die von der Steuerpflichtigen aufgelegten Verkaufsförderprogramme und damit durch den Betrieb der Steuerpflichtigen veranlasst. Insoweit handelt es sich mithin um "be-trieblich veranlasste Zuwendungen".

Der alleinige Umstand, dass die unstreitig betrieblichen Zuwendungen zu steuerpflichtigen Einkünften führen, rechtfertigt jedoch die Anwendbarkeit des § 37b Abs. 1 EStG nicht. Vielmehr müssen diese Zuwendungen  zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung des Steuerpflichtigen erbracht werden. Diese Voraussetzung lag im Streitfall nicht vor, denn sowohl der selbständige als auch der nichtselbständige Fachverkäufer erhielt die Prämie von der Steuerpflichtigen nicht zusätzlich zu einer ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung.

Die Prämie war vielmehr das ausgelobte Entgelt für die Veräußerung bestimmter Produkte der Steuerpflichtigen. Erbrachte der Teilnehmer die Leistung - den Verkaufserfolg -, erwarb er den Prämienanspruch gegenüber der Steuerpflichtigen. Diese hatte die Prämien somit nicht zusätzlich zu einer ohnehin vereinbarten Leistung gewährt. Sie waren nicht zu einem Grundgeschäft zwischen ihr und den angestellten Fachverkäufern hinzugetreten, sondern stellten die allein geschuldete Leistung für den erbrachten Verkaufserfolg dar.

Auch gegenüber den selbständigen Betriebsinhabern wurden die Prämien nicht "zusätzlich zur ohnehin geschuldeten Leistung oder Gegenleistung" erbracht. Die Steuerpflichtige belieferte diese zwar mit ihren Waren. Die Prämien waren jedoch nicht als Dreingabe für die Abnahme der Waren, sondern unabhängig von deren Bezug - wie bei den angestellten Verkäufern - für einen bestimmten personenbezogenen Verkaufserfolg gewährt worden.

BFH, Urteil vom  21.2.2018, VI R 25/16, veröffentlicht am 25.4.2018

Verlag Dr. Otto Schmidt