10.12.2019

Streitpunkt Regenfallrohr - Nachbar muss ungenehmigte Abzweigung nicht dulden

Die Anbringung eines Regenfallrohres als solches im öffentlichen Luftraum ist in der Regel nicht zu beanstanden. Denn geringfügige Beeinträchtigungen im Zugang zu seinem Grundstück muss der Nachbar ebenso hinnehmen, wie geringfügige optische Beeinträchtigungen. Eingriffe an seinem eigenen Regenfallrohr muss der Nachbar hingegen nicht hinnehmen. Vor allem, wenn die eigenmächtig vorgenommene Zusammenführung zweier Regenfallrohre zuvor der Kommune hätte angezeigt werden müssen.

LG Koblenz v. 5.7.2019 - 13 S 8/19
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Eigentümer zweier nebeneinanderliegender Wohnhäuser. Im Jahr 2017 hatte der Beklagte sein Haus sanieren lassen. Dabei wurde u.a. an der Fassade ein Wärmedämmverbundsystem angebracht, wodurch die Fassade des Hauses des Beklagten gegenüber der Fassade des Hauses des Klägers hervorsprang.

An der Seite dieses Vorsprungs ließ der Beklagte ohne vorherige Absprache mit dem Kläger oder auch nur Ankündigung der beabsichtigten Baumaßnahmen zudem ein Regenfallrohr anbringen, das sich zwar im Luftraum vor dem Hause des Klägers befindet, allerdings auf öffentlichem Grund verläuft, da das Haus des Klägers unmittelbar an den öffentlichen Bürgersteig angrenzt. Dort befindet sich auch das Regenfallrohr des Hauses des Klägers. Um einen Anschluss für sein Regenfallrohr herzustellen, ließ der Beklagte das Regenfallrohr des Klägers im unteren Bereich auftrennen und eine Abzweigung einfügen, in die sein Regenfallrohr eingesetzt wurde. Auch eine öffentlich-rechtliche Genehmigung fehlte dafür.

Der Kläger verlangte daraufhin vom Beklagten die Beseitigung des Regenfallrohres sowie die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes seines eigenen Regenfallrohres. Das AG wies die Klage ab. Es war der Ansicht, es liege keine wesentliche Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers vor. Zwar sei der direkte Zugriff zu einem geringen Teil der Fassade des klägerischen Grundstückes erschwert. Dies sei aber so geringfügig, dass hieraus jedenfalls kein Beseitigungsanspruch resultiere. Genauso wenig liege eine wesentliche optische Beeinträchtigung vor.

Auf die Berufung des Klägers änderte das LG das erstinstanzliche Urteil und gab der Klage teilweise statt.

Die Gründe:
Der Beklagte ist zumindest nach § 1004 BGB verpflichtet, die eingebrachte Abzweigung am Regenfallrohr des Klägers zu entfernen und das Regenfallrohr des Klägers wieder in den Ursprungszustand zu versetzen.

Die Anbringung des Regenfallrohres als solches im öffentlichen Luftraum war zwar nicht zu beanstanden. Denn geringfügige Beeinträchtigungen im Zugang zu seinem Grundstück muss der Kläger ebenso hinnehmen, wie geringfügige optische Beeinträchtigungen. Sofern für Baumaßnahmen an dem Grundstück des Klägers erforderlich, wäre das Regenfallrohr des Beklagten ohnehin zumindest vorläufig zu entfernen.

Nicht hinnehmen muss der Kläger allerdings die von dem Beklagten erstellte Abzweigung. Denn dies stellt zum einen eine Eigentumsverletzung an dem Regenfallrohr des Klägers dar, weil der Beklagte ohne Genehmigung oder nachträgliche Zustimmung des Klägers die Abzweigung hatte anbringen lassen. Zudem hätte die von dem Beklagten eigenmächtig vorgenommene Zusammenführung zweier Regenfallrohre nach § 10 Abs. 2 und 3 der Abwassersatzung der Stadt Koblenz vorher der Kommune angezeigt werden müssen. Nach Prüfung wären dann die Arbeiten von der Stadt selbst oder einem von ihr beauftragten Unternehmen auszuführen gewesen. Hieran fehlte es im vorliegenden Fall jedoch. Die eindeutige Regelung in der Abwassersatzung lässt keine Ausnahme zu. Sinn und Zweck liegen auf der Hand: Vermeidung von Überflutungen bei Starkregenereignissen.
 
LG Koblenz, Justizmedienstelle