14.02.2019

Teilwert gemäß § 5a Abs.6 EStG als neue AfA-Bemessungsgrundlage

Nach dem Wechsel von der Gewinnermittlung nach der Tonnage zum Betriebsvermögensvergleich sind die Wirtschaftsgüter, die unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dienen, mit dem Teilwert anzusetzen und auf der Grundlage dieses Betrags für die Zeit deren betriebsgewöhnlicher Restnutzungsdauer abzuschreiben. Der Gewinn aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags gemäß § 5a Abs. 4 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 EStG unterfällt nicht der Fiktion des Gewerbeertrags gemäß § 7 Satz 3 GewStG. Er kann daher bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen um 80 % nach § 9 Nr. 3 Satz 3 GewStG gekürzt werden.

Kurzbesprechung
BFH v. 25.10.2018 - IV R 35/16

EStG § 5a Abs. 4 Satz 3 Nrn. 1 bis 3, Abs. 6, § 7 Abs. 1

GewStG § 7 Sätze 1 und 3, § 9 Nr. 3 Satz 3


 

Teilwertansatz

Im Streitfall ermittelte die Steuerpflichtige ihren Gewinn nach Auslaufen der Option zur pauschalen Gewinnermittlung nach der Tonnage gemäß § 5a EStG für das Streitjahr erstmals wieder nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs gemäß § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG.

Für die Frage, mit welchen Werten die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens zu Beginn des ersten Wirtschaftsjahrs nach Ende der Tonnagebesteuerung im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs zu berücksichtigen sind, ist zwischen den Wirtschaftsgütern, die unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dienen, und den übrigen Wirtschaftsgütern zu unterscheiden. Die erstgenannten Wirtschaftsgüter, zu denen insbesondere das im internationalen Verkehr eingesetzte Schiff gehört, sind nach § 5a Abs. 6 EStG mit dem Teilwert anzusetzen, für die übrigen Wirtschaftsgüter sind die während der pauschalen Gewinnermittlung im Rahmen von Schattenbilanzen fortgeführten Werte zu übernehmen. Der Teilwert nach § 5a Abs. 6 EStG ist identisch mit dem Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG.

Die mit dem Teilwert anzusetzenden Wirtschaftsgüter werden wie Wirtschaftsgüter im Fall einer Betriebseröffnung behandelt, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Nr. 5 EStG grundsätzlich mit dem Teilwert zu bewerten sind. Der BFH versteht die Regelungen des § 5a EStG dahin, dass die Wirtschaftsgüter, die unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dienen, im Zeitpunkt des Übergangs von der Gewinnermittlung nach allgemeinen Grundsätzen zur Tonnagebesteuerung steuerlich so zu behandeln sind, als wären sie Gegenstand einer Betriebseinstellung, und beim Wechsel von der pauschalen Gewinnermittlung zur allgemeinen Gewinnermittlung, als wären sie Gegenstand einer Betriebseröffnung. Deshalb werden die betreffenden Wirtschaftsgüter beim Übergang zur pauschalen Gewinnermittlung wie entnommen behandelt mit der Folge, dass die stillen Reserven in Gestalt des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 EStG aufgedeckt und (später) der Besteuerung unterworfen werden. Im Zeitpunkt des Wechsels zur allgemeinen Gewinnermittlung werden die Wirtschaftsgüter als eingelegt behandelt. Dass Wertveränderungen in der Zeit zwischen einer Entnahme und einer späteren Einlage stattfinden können, ändert nichts daran, dass auch bei Rückkehr zur allgemeinen Gewinnermittlung als Einlagewert der in diesem Zeitpunkt geltende Teilwert anzusetzen ist.

Im Fall des Übergangs von der pauschalen Gewinnermittlung zur Gewinnermittlung nach allgemeinen Grundsätzen ergibt sich daher die AfA-Bemessungsgrundlage aus dem gemäß § 5a Abs. 6 EStG anzusetzenden Teilwert für das Handelsschiff.

Die Verwendung des Teilwerts als AfA-Bemessungsgrundlage führt auch nicht zu einer Doppelbegünstigung in Höhe des den Buchwert in der Schattenbilanz übersteigenden Betrags, indem dieser im Ergebnis doppelt abgeschrieben werden kann. Denn die AfA in der Schattenbilanz während der Zeit der Tonnagegewinnermittlung hat sich nicht auf den der Besteuerung unterliegenden Gewinn auswirkt. Soweit in dem Aufstockungsbetrag stille Reserven abgebildet werden, die sich auf Grund überhöhter AfA in den Jahren vor dem Übergang zur Gewinnermittlung nach der Tonnage gebildet haben, ist dieser Aufwand durch den Ansatz des Unterschiedsbetrags bereits neutralisiert worden.

Das FG hatte auch zutreffend die in den Ergänzungsbilanzen ausgewiesenen Verluste, soweit diese auf der Abschreibung der in den Ergänzungsbilanzen ausgewiesenen Mehrwerte für das Handelsschiff beruhten, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nicht berücksichtigt. Die Mehrwerte für das Handelsschiff waren nämlich auf Grund des Rückwechsels zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und des damit verbundenen Ansatzes des Handelsschiffs mit dem Teilwert in der Gesamthandsbilanz gewinnwirksam aufzulösen. Die Ergänzungsbilanzen waren insoweit in dem Zeitpunkt aufzulösen, zu dem die letzte Schattenbilanz unter Ansatz des mit dem Teilwert nach § 5a Abs.6 EStG zu bewertenden Schiffs aufzustellen war.

Dem steht nicht entgegen, dass sich die Ergebnisse aus der Auflösung der Ergänzungsbilanzen nicht auf die Höhe des festzustellenden Gesamthandsgewinns auswirken, weil sie noch im letzten Jahr der Tonnagebesteuerung "realisiert" werden. Hierin liegt insbesondere keine Benachteiligung jener Gesellschafter, die höhere Anschaffungskosten getragen haben, als ihnen nunmehr über den Teilwertansatz in der Gesamthandsbilanz als Abschreibungspotenzial zusteht. Denn zum einen ist zu berücksichtigen, dass sich Verluste aus der Auflösung positiver Ergänzungsbilanzen im Rahmen der Verlustfeststellung nach § 15a EStG auswirken, d.h. die aus der Auflösung resultierenden Verluste sind daher nicht dauerhaft verloren. Abgesehen davon werden die Ergänzungsbilanzen auch sonst während der Tonnagebesteuerung fortgeführt, so dass Verluste aus der ratierlichen Auflösung nur im Rahmen des §15a EStG zum Tragen kommen und sich nicht auf die Feststellung des laufenden Gesamthandsgewinns auswirken. Zum anderen spiegelt die Gesamthandsbilanz nach Ansatz des Teilwerts den gesamten als Anschaffungs- und Herstellungskosten geltenden Betrag wider, an dessen Abschreibung alle Gesellschafter (nur) entsprechend ihrem Anteil am Gewinn teilhaben.

Im Streitfall ließen die Feststellungen des FG jedoch eine Beurteilung nicht zu, ob der Gewerbeertrag unter Berücksichtigung der Einkünfte aus Ergänzungsbilanzen zutreffend ermittelt worden ist. Denn das FG hatte bei der Ermittlung des Gewerbeertrags den laufenden Gesamthandsgewinn nicht um Verluste aus Ergänzungsbilanzen gekürzt, sondern diesen um positive erhöht. Insoweit wurde der Streitfall an die Vorinstanz zur Neuermittlung der Einkünfte unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des BFH zurückverwiesen.

Gewinnkürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG

Zu Unrecht hatte das FG entschieden, dass § 7 Satz 3 GewStG einer Kürzung des Gewinns aus der Auflösung des streitigen Unterschiedsbetrags nach § 9 Nr. 3 GewStG entgegensteht.

Gemäß § 7 Satz 3 GewStG gilt der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn als Gewerbeertrag nach Satz 1. Nach § 7 Satz 1 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14 GewStG) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. Aus dem Wortlaut des § 7 Satz 3 GewStG ergibt sich damit eindeutig, dass der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn ohne Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und Kürzungen nach § 9 GewStG als Gewerbeertrag fingiert wird und als solcher der Gewerbesteuer zugrunde zu legen ist. § 7 Satz 3 GewStG verweist aber lediglich auf den Gewinn, der gemäß § 5a Abs. 1 EStG nach der Tonnage ermittelt worden ist. Demgegenüber unterfallen die Gewinne aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 EStG der Kürzungsregelung des § 9 Nr. 3 Sätze 2 ff. GewStG.

Allerdings hatte der BFH für den Gewinn aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG entschieden, dass dieser nicht der Kürzung nach § 9 Nr. 3 Sätze 2 ff. GewStG unterliege (BFH v. 26.6.2014 - IV R 10/11, BStBl II 2015, 300). Dieser Entscheidung lag die Auffassung zugrunde, dass § 5a EStG als ein in sich geschlossenes System einer besonderen Gewinnermittlung zu betrachten sei und diesem System neben dem Gewinn, der gemäß § 5a Abs. 1 EStG ermittelt werde, auch alle Gewinnhinzurechnungen zuzuordnen seien, unabhängig von dem Zeitpunkt der steuerlichen Erfassung. An dieser Rechtsauffassung hält der BFH nun jedoch nicht mehr fest.

BFH, Urteil vom 25.10.2018, IV R 35/16, veröffentlicht am 13.2.2019.

Verlag Dr. Otto Schmidt