25.10.2016

Tierarzt haftet nach Kastration eines Hengstes mit tödlichem Ausgang

Ein Tierarzt verletzt seine vertragliche Aufklärungspflicht, wenn er dem Eigentümer eines Hengstes vor einer beabsichtigten Kastration nicht umfassend über die zur Verfügung stehenden Kastrationsmethoden und deren unterschiedliche Risiken aufklärt. Er handelt zudem behandlungsfehlerhaft, wenn er bei einer im Liegen durchgeführten Kastration keine durch Transfixation abgesicherte beidseitige Ligatur vornimmt.

OLG Hamm 12.9.2016, 3 U 28/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin beauftragte den beklagten Tierarzt mit der Kastration ihres Hengstes. Dieser entstammte der iberischen Rasse und war von der Klägerin wenige Wochen zuvor für 5.000 € in Spanien erworbenen worden. Bei dem im Oktober 2013 in Vollnarkose am liegenden Pferd durchgeführten Eingriff kam es zu Komplikationen, in deren Folge das Tier in eine Tierklinik verlegt werden musste. Hier wurde es operativ versorgt. Nach aufgetretener Myopathie und einem Multiorganversagen konnte es nicht in den Stand verbracht werden und musste eingeschläfert werden.

Die Klägerin macht den Beklagten hierfür verantwortlich und behauptet, der Beklagte habe sie über die Risiken des Eingriffs unzureichend aufgeklärt und den Eingriff selbst behandlungsfehlerhaft ausgeführt. Sie verlangt von ihm Schadensersatz, insbesondere Wertersatz in Höhe des aufgewandten Kaufpreises und die Erstattung der von für die Tierklinik aufgewandten Kosten von ca. 3.000 €.

Das LG gab der Klage weitgehend statt. Die Berufung des Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung von rd. 8.000 € als Wertersatz für das Pferd und als Ersatz für die an die Tierklinik gezahlten Behandlungskosten sowie auf die Feststellung, dass sie die Tierarztrechnung des Beklagten i.H.v. rd. 500 €uro nicht bezahlen muss.

Der Beklagte haftet für eine fehlerhafte Erfüllung des tierärztlichen Behandlungsvertrags. Er hat die ihm der Klägerin gegenüber obliegende Aufklärungspflicht verletzt, weil er es versäumt hat, die Klägerin über die grundsätzlich zur Verfügung stehenden Kastrationsmethoden - Eingriff im Stehen oder im Liegen - und deren unterschiedliche Risiken, u.a. das bei der Rasse erhöhte Myopathierisiko, aufzuklären. Außerdem entsprach die schließlich im Liegen durchgeführt Kastration nicht dem medizinischen Standard.

Die gebotene Ligatur hat der Beklagte nur an einer Seite und nicht beidseitig vorgenommen und sie zudem nicht durch eine Transfixation abgesichert. Damit hat er die Risiken einer Blutung oder Darmeinklemmung beim späteren Aufstehen des Pferdes nicht ausgeschlossen und das Abrutschen der Ligatur, das später in der Tierklinik festgestellt worden ist, nicht verhindert. Die dargestellten Fehler sind als grob fehlerhafte Behandlung zu werten. Sie waren geeignet, den späteren Tod des Pferdes herbeizuführen. Deswegen greift zugunsten der Klägerin eine Beweislastumkehr, so dass der fehlerhaften Behandlung des Beklagten auch der spätere Tod des Pferdes zuzurechnen ist.

OLG Hamm PM vom 25.10.2016