19.09.2016

Umfassender Haftungsausschluss für Sachmängel hinsichtlich der zu erwartenden Eigenschaften eines Grundstücks

Der in einem Grundstückskaufvertrag vereinbarte umfassende Haftungsausschluss für Sachmängel erfasst auch die nach öffentlichen Äußerungen des Verkäufers zu erwartenden Eigenschaften eines Grundstücks oder des aufstehenden Gebäudes.

BGH 22.4.2016, V ZR 23/15
Der Sachverhalt:
Die Beklagten verkauften dem Kläger im Oktober 2008 unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück. Das Gebäude war im Jahr 1999/2000 an dem Standort einer ehemaligen Scheune errichtet worden. Dabei wurde in die Außenwand eine vor 1999 in die Scheune eingebaute Rückwand integriert.

Die Beklagten hatten das Objekt in einem Internetportal beworben und es u.a. wie folgt beschrieben: "Das massive Architektenhaus wurde 1999/2000 errichtet, bis 2005 ausgebaut." Der Kläger verlangt, soweit hier von Interesse, wegen der einbezogenen Altbausubstanz Schadensersatz i.H.v. 18.000 € sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihm alle weitergehenden Schäden zu ersetzen, die im Zusammenhang mit der Verwendung der Altbausubstanz beim Um- und Ausbau des Wohnhauses entstehen.

Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich ein Anspruch des Klägers aus § 437 Abs. 1 Nr. 3, § 281 Abs. 1, § 280 Abs. 1 und 3 BGB nicht bejahen.

Die Feststellungen des OLG tragen schon nicht die Annahme, dass das Kaufobjekt wegen Abweichens von dem seitens der Beklagten in dem Internetportal angegebenen Baujahr an einem Sachmangel leidet (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 i.V.m. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB).Im Ergebnis rechtsfehlerhaft ist die Annahme des OLG, der in dem Vertrag enthaltene Haftungsausschluss stehe einem Schadensersatzanspruch des Klägers nicht entgegen, weil die Beklagten das Alter der einbezogenen Wand arglistig verschwiegen hätten (§ 444 BGB). Im Ausgangspunkt zutreffend geht es davon aus, dass der in einem Grundstückskaufvertrag vereinbarte umfassende Haftungsausschluss für Sachmängel auch die nach öffentlichen Äußerungen des Verkäufers zu erwartenden Eigenschaften (§ 434 Abs. 1 S. 3 BGB) eines Grundstücks oder des aufstehenden Gebäudes erfasst.

Rechtsfehlerfrei ist jedoch die Annahme des OLG, dass einen Verkäufer, der durch eine unrichtige Angabe über das Kaufobjekt eine Fehlvorstellung des Käufers hervorruft, eine Pflicht zur Offenbarung trifft. Führt der Umstand, dass bei dem Neubau des Hauses die ältere Wand der ehemaligen Scheune integriert wurde, zu einem Sachmangel, hätten die Beklagten den Kläger über die Einbeziehung des älteren Bauteils aufklären müssen. Anders als das OLG meint, genügt es für den subjektiven Tatbestand der Arglist jedoch nicht, wenn die Beklagten wussten, dass die den Neubau integrierte Wand vor 1999 errichtet worden war, und sie sich der Schlussfolgerung verschlossen haben, dass dies offenbarungspflichtig war. Arglist setzt nach ständiger BGH-Rechtsprechung zumindest Eventualvorsatz voraus; leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt dagegen nicht.

Ein arglistiges Verschweigen ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Erforderlich ist die Kenntnis der den Mangel begründenden Umstände zumindest in der Form des Eventualvorsatzes. Diese Kenntnis muss festgestellt werden; sie kann nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden. Liegt eine solche Kenntnis vor, ist es allerdings unerheblich, ob der Käufer daraus den Schluss auf einen Mangel im Rechtssinne (§ 434 Abs. 1 BGB) zieht. Arglist der Beklagten kann danach nur bejaht werden, wenn sie Kenntnis von der Einbeziehung der älteren Wand in das Wohnhaus gehabt und wenn sie gewusst oder für möglich gehalten haben, dass dadurch ein durchschnittlicher Käufer die Angabe, dass das Haus 1999/2000 errichtet wurde, für unzutreffend hält. Feststellungen hierzu sind bislang nicht getroffen worden.

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