09.03.2015

Unzureichende Aufklärung über das Risiko einer Wundinfektion begründet bei mutmaßlicher Zustimmung des Patienten zu ärztlichem Eingriff keine Haftung

Wird ein Patient über Wundinfektionsgefahren nicht hinreichend aufgeklärt, haften das Krankenhaus und der behandelnde Arzt nicht, wenn feststeht, dass der Patient auch bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung in den ärztlichen Eingriff eingewilligt hätte.

OLG Hamm 9.12.2014, 26 U 88/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger ließ im September 2010 im beklagten Krankenhaus eine Nabelhernie (sog. Nabelbruch) ambulant operieren. Es erfolgte eine offene Nabelhernien-Operation nach Spitzy, die der mitverklagte Arzt durchführte. Wenige Tage nach der Operation trat eine Wundinfektion auf, die noch zweimal zwecks Sekundärheilung geöffnet werden musste.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Operation unter Missachtung geltender Hygienevorschriften und zudem in der Schnittnaht nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden sei. Außerdem sei er über Behandlungsalternativen und das Wundinfektionsrisiko nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Von den Beklagten verlangte er daher Schadensersatz, u.a. ein Schmerzensgeld i.H.v. 5.000 € und - wegen anhaltender Bewegungseinschränkungen - einen Haushaltsführungsschaden von mtl. ca. 110 €.

Das LG wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz.

Nach dem Gutachten eines medizinischen Sachverständigen war kein Behandlungsfehler festzustellen. Die Nabelhernien-Operation war indiziert und ist ordnungsgemäß durchgeführt worden. Dass die Wundinfektion des Klägers auf einem Verstoß der Beklagten gegen Hygienestandards beruht, ist nicht bewiesen. Dass sie auf einen Krankenhauskeim zurückzuführen wäre, ist zudem spekulativ. Darüber hinaus rügt der Kläger ohne Erfolg, dass er nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist. Da die gewählte Behandlungsmethode in seinem Fall vorzugswürdig war, musste er über Behandlungsalternativen nicht aufgeklärt werden. Ein endoskopisches Verfahren wäre mit höheren Risiken behaftet gewesen und stellte daher keine gleichermaßen indizierte Behandlungsalternative dar. Aus diesem Grunde musste es dem Kläger nicht als Behandlungsalternative vorgestellt werden.

Unzureichend aufgeklärt worden ist der Kläger zwar über das Wundinfektionsrisiko der Operation. In diesem Zusammenhang sind die Beklagten für eine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers den Beweis schuldig geblieben. Daraus folgt allerdings keine Haftung der Beklagten, weil der Kläger in die Operation auch nach einer hinreichenden Aufklärung über das Wundinfektionsrisiko eingewilligt hätte. Einen Entscheidungskonflikt konnte der Kläger insoweit nicht plausibel darlegen. Die durchgeführte Operation war nach den Angaben des Sachverständigen die einzige Möglichkeit zur Behebung des Nabelbruchs; ein Abwarten hätte dazu geführt, dass sich der Bruch und die schmerzhaften Beschwerden vergrößert hätten. Angesichts des bestehenden Behandlungsdrucks hätte sich der Kläger auch bei Kenntnis des Wundinfektionsrisikos zu dem relativ kleinen ambulanten Eingriff entschlossen.

OLG Hamm PM vom 6.3.2015
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