18.05.2017

Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften

Die Rückabwicklung eines noch nicht beiderseits vollständig erfüllten Kaufvertrags ist aus der Sicht des früheren Veräußerers keine Anschaffung der zurückübertragenen Anteile, sondern sie führt bei ihm zum rückwirkenden Wegfall eines bereits entstandenen Veräußerungsgewinns.

Kurzbesprechung
BFH v. 6.12.2016 - IX R 49/15

EStG § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4

Streitig war, ob bei Veräußerung von Anteilen an einer GmbH die Rechtsfolgen des § 17 EStG auch dann eintreten, wenn der noch nicht vollständig erfüllte Kaufvertrag rückabgewickelt wird und es zu einer Rückübertragung der Anteile kommt.

Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB sämtliche Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben, ihn also von der fremden in die eigene Verfügungsmacht zu überführen. Eine Übertragung der Verfügungsmacht findet zwar auch statt, wenn ein teilweise erfüllter Veräußerungsvorgang später rückgängig gemacht wird. Dagegen ist die Rückabwicklung eines beiderseits noch nicht vollständig erfüllten Kaufvertrags keine Anschaffung, soweit das spätere Ereignis mit steuerlicher Wirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückwirkt. Die Rückübertragung der Verfügungsmacht stellt in diesem Fall keinen gesonderten marktoffenbaren Vorgang, sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der Rückabwicklung dar.

Der BFH hat nun entschieden, dass der Fall, dass der Veräußerungspreis rückwirkend in voller Höhe entfällt, genauso zu behandeln wie der Fall, dass die Veräußerung insgesamt rückgängig gemacht wird. Dies gebietet der Zweck des § 17 EStG, nur den tatsächlich erzielten Veräußerungsgewinn zu erfassen. Danach liegt grundsätzlich eine steuerlich zurückwirkende Rückabwicklung und keine Veräußerung/Anschaffung vor, wenn der ursprüngliche Vertrag im Zeitpunkt der Rückabwicklung noch nicht beiderseits vollständig erfüllt war. Unerheblich ist dagegen, ob der Vertrag wegen einer Leistungsstörung rückabgewickelt worden ist, und ob eine Leistungsstörung wirklich vorlag.

War ein Veräußerungsgewinn bereits entstanden, bewirkt die steuerlich zurückwirkende Rückabwicklung des Vorgangs, dass der Veräußerungsgewinn rückwirkend entfällt. Dies schließt es zugleich aus, den Vorgang der Rückabwicklung aus der Sicht des ursprünglichen Veräußerers als Anschaffung zu behandeln.

BFH