Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
KurzbesprechungEStG § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c, § 3c Abs. 2, § 17 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4
HGB § 255 Abs. 1, § 272 Abs. 1a und 1b
Streitig war, ob im Zusammenhang mit der Versteuerung des Veräußerungserlöses von GmbH- Anteilen (§ 17 EStG) der Erwerb eigener Anteile durch die GmbH als Anschaffungsvorgang oder als Kapitalherabsetzung zu sehen ist und ob die Umgliederung einer freien Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage zur Finanzierung des Erwerbs eigener Anteile zu nachträglichen Anschaffungskosten führt.
Der BFH entschied, dass die entgeltliche Übertragung des Geschäftsanteils der Steuerpflichtigen an die GmbH als Veräußerung i.S. des § 17 Abs. 1 EStG anzusehen ist. Denn Veräußerung i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ist die Übertragung von Anteilen gegen Entgelt. Entgeltlich ist die Übertragung von Gesellschaftsanteilen, wenn ihr eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Vor diesem Hintergrund stellt auch ein entgeltlicher Erwerb eigener Anteile durch die GmbH aus der Sicht der Anteilseignerin und Steuerpflichtigen ein Veräußerungsgeschäft i.S. des § 17 EStG dar.
Dies gilt auch weiterhin nach den Rechtsänderungen durch das BilMoG. Ob der Erwerb eigener Anteile auf der Gesellschaftsebene entsprechend der durch das BilMoG geänderten handelsrechtlichen Vorschriften (Einfügung des § 272 Abs. 1a und 1b HGB) steuerrechtlich nicht mehr als Erwerbsvorgang anzusehen, sondern nunmehr als "Teilliquidation" und daher "wie" eine Kapitalherabsetzung zu behandeln ist konnte der BFH im entschiedenen Streitfall mangels Erheblichkeit für die Entscheidung offen lassen. Denn die Trennung der Gesellschafts von der Gesellschafterebene und das Fehlen eines steuergesetzlichen Korrespondenzprinzips zwischen beiden Ebenen für den Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft gibt keine mit der steuerrechtlichen Behandlung bei der Gesellschaft korrespondierende oder spiegelbildliche Behandlung auf der Gesellschafterebene vor.
Im Übrigen würde auch bei Annahme einer Kapitalherabsetzung i.S. des § 17 Abs. 4 EStG kein anderes Ergebnis folgen, weil nach § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG auch eine Kapitalherabsetzung als Veräußerung i.S. des § 17 Abs. 1 EStG gilt.
Weiterhin führte die von der GmbH zum Erwerb eigener Anteile gebildete Rücklage nicht zu einer Minderung des bei der Veräußerung des Anteils an die GmbH erzielten Veräußerungsgewinns. Den (nachträglichen) Anschaffungskosten einer Beteiligung können grundsätzlich nur solche Aufwendungen des Gesellschafters zugeordnet werden, die nach handels und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Dagegen gehören der anteilige Gewinnvortrag, Jahresüberschuss oder thesaurierte Gewinn nicht zu den nachträglichen Anschaffungskosten des Veräußerers und mindern daher den Veräußerungsgewinn nicht.
Vielmehr decken die ursprünglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters (eingezahltes Stammkapital plus Notarkosten) sein Mitgliedschaftsrecht mit allen seinen Bestandteilen ab. Der Gewinnanteil des Veräußerers ist ein unselbständiger, preisbildender Bestandteil des veräußerten Anteils. Der Veräußerer erhält den Veräußerungspreis gerade auch dafür, dass mit dem veräußerten Anteil der anteilige Gewinnvortrag, Jahresüberschuss oder thesaurierte Gewinn verbunden ist. Die Realisierung dieser Werthaltigkeit seines Anteils soll aber gemäß § 17 EStG beim Veräußerer besteuert werden. Ein bloßes Stehen lassen von Gewinnen stellt daher keine anschaffungskostenerhöhende Einlage des veräußernden Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen dar.
Ebenso wenig mindert die von einer GmbH zum Erwerb eigener Anteile gebildete zweckgebundene Rücklage den Veräußerungsgewinn. Die rein gesellschaftsintern wirkende Umgliederung einer Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Geschäftsanteil des veräußernden Gesellschafters, da dieser Vorgang die Stellung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft nicht berührt. Denn der Gesellschafter hat im Zeitpunkt der Umgliederung mangels Gewinnverteilungsbeschlusses keinen Anspruch auf Gewinnausschüttung. Auch kann eine solche Umgliederung nicht einer Kapitalzuführung des Gesellschafters von außen gleichgestellt werden.
BFH, Urteil vom 6.12.2017, IX R 7/17, veröffentlicht am 7.3.2018.