15.09.2017

Vergeblicher Aufwand im Hinblick auf eine angestrebte Vorstandsposition sowie zum Erwerb einer Beteiligung

Aufwendungen eines Arbeitnehmers zum Erwerb einer Beteiligung an seinem (ggf. künftigen) Arbeitgeber sind regelmäßig auch dann nicht als (vorab entstandene) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig, wenn die Zahlung Voraussetzung für den Abschluss des Anstellungsvertrags ist.

Kurzbesprechung
BFH v. 17.5.2017 - VI R 1/16

EStG §§ 9, 17, 19,20

Im Streitfall ging es um einen Steuerpflichtigen, der in einer Unternehmensgruppe eine Vorstandsposition anstrebte. Hierzu traf er mit seinem künftigen Arbeitgeber die Vereinbarung, dass er für den Abschluss des Anstellungsvertrages einen Betrag von 70.000 € auf ein Konto der Unternehmensgruppe hinterlegen sollte. Vereinbart war weiterhin, dass die zu hinterlegende Summe dem Erwerb von 7 000 Aktien dienen sollte.

Im Ergebnis kam es jedoch weder zum Abschluss eines Anstellungsvertrags noch zum Erwerb der Aktien, da die Unternehmensgruppe den eingezahlten Betrag abredewidrig zur Deckung operativer Kosten verwendete.

Während der Steuerpflichtige den Verlust von 75.000 € als negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb geltend machte und das FG den Betrag als vergebliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit berücksichtigte, wies der BFH die Klage auf die Revision des FA hin ab. Denn Aufwendungen, die den Erwerb einer Beteiligung an dem Arbeitgeber betreffen, sind nicht ohne weiteres den Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen, weil sie "im allgemeinen" nicht unmittelbar mit diesen Einkünften, sondern mit solchen aus Kapitalvermögen im Zusammenhang stehen, selbst wenn damit auch die Arbeitnehmertätigkeit gefördert wird.

Vielmehr spricht eine Vermutung dafür, dass der Arbeitnehmer mit dem Erwerb einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nicht nur die Sicherung seines Arbeitsplatzes beabsichtigt, sondern auch die mit der Stellung als Gesellschafter verbundenen Rechte erstrebt. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerb der Beteiligung (arbeitsvertragliche) Voraussetzung für die Erlangung der angestrebten Position ist oder wenn der Steuerpflichtige sich beteiligt, um durch die Zuführung von Kapital den Fortbestand der Gesellschaft und damit gleichzeitig seinen eigenen Arbeitsplatz zu erhalten. Insoweit besteht ein vorrangiger Zusammenhang mit den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Zwar bestand im Streitfall auch ein Zusammenhang mit den beabsichtigten Einkünften des Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Hinterlegung des Betrags von 75.000 € und die damit beabsichtigte Beteiligung ausweislich der Absichtserklärung Voraussetzung für den Abschluss eines Anstellungsvertrags entsprechend den in der Absichtserklärung niedergelegten Vereinbarungen war. Diese Beziehung wurde im Streitfall jedoch durch den mit dem hinterlegten Geld verfolgten Zweck in Form des Anteilserwerbs überlagert. Denn unabhängig davon, ob und inwieweit der beabsichtigte Aktienerwerb auch durch das beabsichtigte Arbeitsverhältnis motiviert war, bezweckte der Betrag die Finanzierung des beabsichtigten Beteiligungserwerbs als eigenständige Einkunftsquelle.

Eine steuerliche Berücksichtigung des Verlustes des hinterlegten Betrags nach § 17 EStG war im Streitjahr ebenfalls nicht möglich, denn § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG sind nicht auf Verluste anwendbar, die dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit einem geplanten, aber fehlgeschlagenen Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einer tatsächlich nicht gegründeten Kapitalgesellschaft entstehen.

BFH, Urteil vom 17.5.2017, VI R 1/16, veröffentlicht am 13.9.2017.

Verlag Dr. Otto Schmidt