15.05.2018

Verlustabzug beim Anlagebetrug mit nicht existierenden Blockheizkraftwerken

Beteiligt sich der Anleger an einem von ihm nicht erkannten Schneeballsystem, das aus seiner Sicht zu gewerblichen Einkünften führen soll, ist er berechtigt, den Verlust seines Kapitals steuerlich geltend zu machen.

Kurzbesprechung
BFH v. 7.2.2018 - X R 10/16

BGB § 116 Satz  1, § 133, §  157
EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1, § 15b Abs. 4 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 4, 7, Abs. 8, 9, § 22 Nr. 3
FGO § 118 Abs. 2

Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige mit mehreren Gesellschaften der X-Gruppe Verträge über den Erwerb von Blockheizkraftwerken abgeschlossen und die Kaufpreise gezahlt. Den späteren Betrieb der Blockheizkraftwerke hatte er vertraglich an die X-Gruppe übertragen; die wirtschaftlichen Chancen und Risiken aus dem Betrieb sollten jedoch beim Steuerpflichtigen liegen. Tatsächlich hatten die Verantwortlichen der X-Gruppe jedoch niemals beabsichtigt, die Blockheizkraftwerke zu liefern, sondern ein betrügerisches "Schneeballsystem" aufgezogen. Hierfür wurden sie später strafrechtlich verurteilt. Nachdem der Steuerpflichtige die Kaufpreise gezahlt hatte, wurden die Gesellschaften der X-Gruppe insolvent, so dass die vom ihm geleisteten Zahlungen waren verloren.

Das FA sah in dem Steuerpflichtigen einen bloßen Kapitalgeber zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen, so dass die ihm entstandenen Verluste als Verlust des Kapitalstamms vom Werbungskostenabzug wären.

Dies sieht der BFH jedoch anders und entschied, dass die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Einkunftsart, der die verlorenen Aufwendungen zuzuordnen sind, nach der Sichtweise des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt des Abschlusses der maßgeblichen Verträge vorzunehmen ist. Dagegen sind die besseren objektiv-rückblickenden Erkenntnisse hierfür hingegen nicht maßgeblich. Aufgrund der Verträge über den Erwerb und den Betrieb der Blockheizkraftwerke durfte der Steuerpflichtige im Streitfall davon ausgehen, Gewerbetreibender zu sein. Gewerbetreibende dürfen Verluste jedoch auch dann als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehen, wenn letztlich niemals Einnahmen erzielt werden.

Die Entscheidung des BFH beschränkt sich auf das sog. "Verwaltungsvertragsmodell" der X-Gruppe. Dagegen brauchte der BFH über das von dieser Gruppe ebenfalls angebotene "Verpachtungsmodell" nicht zu entscheiden. Der Streitfall wurde an die Vorinstanz zur weiteren Sachaufklärung und Entscheidung zurückverwiesen, da der BFH es als möglich ansieht, dass die beabsichtigte Investition als Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15b EStG anzusehen ist. Sollte dies der Fall sein, würde hinsichtlich des entstandenen Verlustes das dortige Abzugsverbot greifen. Ob es sich tatsächlich um ein Steuerstundungsmodell handelt, wird in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden sein.

BFH, Urteil vom 7.2.2018, X R 10/16, veröffentlicht am 14.5.2018

Verlag Dr. Otto Schmidt