02.12.2011

Vermieter müssen Mietsache nicht "auf Zuruf" zurücknehmen

Die Beendigung des Mietverhältnisses ist nicht die einzige Voraussetzung für den Beginn der kurzen Verjährung nach § 548 Abs. 1 BGB. Der Vermieter ist grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, die Mietsache jederzeit - sozusagen "auf Zuruf" - zurückzunehmen.

BGH 12.10.2011, VIII ZR 8/11
Der Sachverhalt:
Der Beklagte war 30 Jahre lang Mieter einer Wohnung der Klägerin in einem von ihr auch selbst bewohnten Zweifamilienhaus. Nachdem es im Jahr 2007 zwischen den Parteien zu Differenzen gekommen war, zog der Beklagte Ende Juni 2007 aus. Mit Anwaltsschreiben vom 2.7.2007 kündigte er das Mietverhältnis wegen "Vertrauensverlustes" fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30.9.2007. Die "offizielle" Abnahme der Wohnung erfolgte aufgrund einer Absprache der Parteien am 1.10.2007.

Die Klägerin forderte mit Mahnbescheidsantrag vom 19.3.2008 Schadensersatz i.H.v. rund 8.695 € vom Beklagten. Dieser erhob daraufhin die Einrede der Verjährung und berief sich darauf, dass er der Klägerin bereits am 30.6.2007 persönlich die Rückgabe der Schlüssel unter Hinweis auf die bereits geräumte Wohnung angeboten und die Schlüssel anschließend in den Briefkasten seiner ehemaligen Wohnung geworfen habe.

AG und LG wiesen die Klage wegen Verjährung ab. Die Verjährungsfrist habe Anfang Juli 2007 zu laufen begonnen, während die Klägerin erst am 19.3.2008 einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gestellt habe. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil teilweise auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Zwar war die unbeschränkt eingelegte Revision teilweise unzulässig. Die Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache waren allerdings nicht verjährt.

Nach § 548 Abs. 1 S. 1, 2 BGB beginnt die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in dem Zeitpunkt, in dem er die Sache zurückerhält. Die Beendigung des Mietverhältnisses ist hingegen nicht Voraussetzung für den Beginn der kurzen Verjährung. Von diesen Grundsätzen ging auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend aus. Die Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall ergab allerdings, dass die Verjährung der von der Klägerin erhobenen Ansprüche erst mit dem Ablauf des 1.10.2007 begonnen hatte und der Verjährungsablauf deshalb durch die vor Ablauf von sechs Monaten erfolgte gerichtliche Geltendmachung gehemmt worden war.

Die Klägerin hat die Wohnung erst am 1.10.2007 zurück erhalten und musste sich auch nicht wegen Annahmeverzugs oder mit Rücksicht auf Treu und Glauben so behandeln lassen, als sei dies bereits Anfang Juli 2007 geschehen. Sie hat die Wohnung nicht schon dadurch i.S.d. § 548 Abs. 1 BGB zurück erhalten, dass der Beklagte Ende Juni/Anfang Juli 2007 versucht hatte, ihr die Wohnungsschlüssel zu übergeben. Die Klägerin ist zu diesem Zeitpunkt nicht in den Besitz der Wohnungsschlüssel gelangt und hat deshalb auch nicht die unmittelbare Sachherrschaft über die an den Beklagten vermietete Wohnung zurück erlangt. Auch der Einwurf der Schlüssel in den Briefkasten seiner bisherigen Wohnung nach der gescheiterten Übergabe änderte nichts daran. Denn der Vermieter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die Mietsache jederzeit - sozusagen "auf Zuruf" - zurückzunehmen.

Die Parteien hatten im Anschluss an die vom Beklagten kurz nach der gescheiterten Schlüsselübergabe ausgesprochene Kündigung einvernehmlich einen "offiziellen" Übergabetermin vereinbart und in der Folgezeit auch eingehalten. Infolgedessen bestand auch mit Rücksicht auf Treu und Glauben kein Anlass dazu, die Klägerin hinsichtlich der Verjährung ihrer Ersatzansprüche so zu behandeln, als habe sie die für den Verjährungsbeginn grundsätzlich maßgebliche unmittelbare Sachherrschaft über die streitige Wohnung bereits drei Monate vor der am 1.10.2007 erfolgten Übergabe erhalten.

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