Vermieterpfandrecht an Fahrzeugen des Mieters
BGH 6.12.2017, XII ZR 95/16Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Rolladen- und Markisenbau P-GmbH, die ihr Betriebsgrundstück von der Klägerin gemietet hatte. Mit Schreiben vom 18.3.2013 berief sich die Klägerin im Hinblick auf offene Forderungen aus dem Mietverhältnis auf ihr Vermieterpfandrecht. Nach Insolvenzeröffnung am 10.4.2013 kündigte der Beklagte das Mietverhältnis zum 31.7.2013. Zum Kündigungsstichtag standen noch Forderungen der Klägerin aus dem Mietverhältnis i.H.v. insgesamt 13.750 € offen.
Der Beklagte hat verschiedene auf dem Betriebsgrundstück vorgefundene Gegenstände der Schuldnerin freihändig verwertet und dadurch 13.500 € zzgl. Umsatzsteuer erlöst, darunter zwei LKW und einen Anhänger, auf die insgesamt 6.500 € des Erlöses zzgl. Umsatzsteuer entfallen. Die Klägerin verlangte abgesonderte Befriedigung aus dem Erlös im Hinblick auf ein ihr zustehendes Vermieterpfandrecht. Der Beklagte hat nach Abzug pauschaler Feststellungs- und Verwertungskosten sowie weiterer Kosten für die Endräumung des Betriebsgrundstücks 4.582 € an die Klägerin ausgekehrt; dabei ist der auf die Fahrzeuge entfallende Erlös unberücksichtigt geblieben.
Mit der Klage hat die Klägerin Zahlung weiterer 8.038 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten verlangt. Das LG hat den Beklagten nach Abzug pauschaler Feststellungskosten von 642 €, tatsächlich entstandener Verwertungskosten von 342 € sowie 2.565 € Umsatzsteuer zur Zahlung von noch 5.367 € nebst Nebenforderungen verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Auf die Berufung beider Parteien hat das OLG die Verurteilung auf insgesamt noch zu zahlende 6.742 € erhöht. Auf die Revision des Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das zurückverwiesen.
Gründe:
Zu den Gegenständen, auf die sich das Vermieterpfandrecht er-streckte, gehören grundsätzlich auch die regelmäßig auf dem Mietgrundstück abgestellten Kraftfahrzeuge. Das Pfandrecht erlischt, wenn das Fahrzeug für die Durchführung einer Fahrt von dem Mietgrundstück auch nur vorübergehend entfernt wird. Es entsteht neu, wenn das Fahrzeug später wieder auf dem Grundstück abgestellt wird. Die Auslegung des § 562a BGB hat vom Wortlaut des Gesetzestextes auszugehen. Dieser differenziert nicht danach, ob die dem Pfandrecht unterliegenden Sachen auf Dauer oder nur vorübergehend weggeschafft werden. Der Gesetzestext spricht ohne Einschränkung von einer "Entfernung" und legt damit ein Wort zugrunde, dem schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch kein Zeitmoment innewohnt und das auch keine bestimmten Begleitumstände fordert. Anhaltspunkte für eine einschränkende Auslegung des Begriffs "Entfernung" enthält der Gesetzeswortlaut somit nicht. Für eine vom Wortlaut abweichende Auslegung finden sich auch keine Hinweise in der Entstehungsgeschichte des Gesetzes.
Für das Vermieterpfandrecht enthält das Gesetz auch keine dem § 1122 Abs. 1 BGB entsprechende Bestimmung, die eine Enthaftung bei nur vorüber-gehender Entfernung ausdrücklich ausschließt. Dass es sich insoweit um ein gesetzgeberisches Versehen handelt, kann nicht angenommen werden, nachdem der Gesetzgeber in Bezug auf das Vermieterpfandrecht beispielsweise an Reiseutensilien und reparaturbedürftigen Sachen ausdrücklich eine andere Systematik vorausgesetzt hat als für den Hypothekenverband durch § 1122 Abs. 1 BGB bestimmt. Auch im Ergebnis wäre es nicht gerechtfertigt, wenn sich etwa im Falle einer Ausfahrt zur Reparatur des Fahrzeugs das an den Besitz anknüpfende Werkunternehmerpfandrecht (§ 647 BGB) nicht gegenüber dem besitzlosen Vermieterpfandrecht durchsetzen sollte.
Infolgedessen war das angefochtene Urteil bereits wegen der fehlenden Feststellungen über den Standort der Fahrzeuge und des Anhängers im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung aufzuheben. Begründet ist aber auch die Anschlussrevision der Klägerin. Eine Teilerfüllung deren etwaiger Ansprüche durch Verrechnung mit Gegenansprüchen aus unberechtigter Geschäftsführung im Zusammenhang mit der vorgenommenen Endräumung kann bereits deshalb nicht angenommen werden, weil es an Feststellungen zu einer Aufrechnungserklärung der Klägerin oder des Beklagten fehlt.
Linkhinweise:
- Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
- Für den Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.