Verpächterwahlrecht bei Beendigung unechter Betriebsaufspaltung
Kurzbesprechung
BFH v. 17.04.2019 - IV R 12/16
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 6 Abs. 5 Satz 3 Nrn. 2, 3, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, § 16 Abs. 3, Abs. 3b
UmwStG § 24
BGB § 738 Abs. 1 Satz 1
Im Streitfall ging es u.a. um die Frage, ob im Fall der Verpachtung lediglich eines Grundstücks durch eine Besitz- GbR an eine Betriebs- GmbH der Wegfall der personellen Verflechtung durch Vereinigung aller Anteile an der Betriebsgesellschaft in der Hand nur eines Besitzgesellschafters zwingend zur Betriebsaufgabe der Besitz- GbR führt, oder ob die Grundstücksverpachtung als die Aufdeckung der stillen Reserven vermeidende Betriebsverpachtung anzusehen ist.
Der BFH entschied, dass der Wegfall der Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung zwar grundsätzlich zu einer Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 3 EStG führt. Eine Ausnahme hiervon und von der dadurch ausgelösten Zwangsprivatisierung des bisherigen Betriebsvermögens des Besitzunternehmens ist jedoch aufgrund einer zweckgerecht einschränkenden Auslegung des in § 16 Abs. 3 EStG normierten Betriebsaufgabetatbestandes u.a. dann geboten, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Betriebsaufspaltung die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung im Ganzen vorgelegen haben.
Die Verpachtung eines Gewerbebetriebs führt dann nicht zwangsläufig zur Betriebsaufgabe und damit der Aufdeckung der stillen Reserven, wenn der Gewerbetreibende zwar seine werbende Tätigkeit einstellt, aber entweder den Betrieb im Ganzen als geschlossenen Organismus oder zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet und der Steuerpflichtige gegenüber den Finanzbehörden nicht klar und eindeutig die Aufgabe des Betriebs erklärt (sog. Verpächterwahlrecht).
Die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung ergaben sich für den Streitfall noch aus den von der Rechtsprechung des BFH entwickelten Grundsätzen. Die gesetzliche Regelung zur Betriebsverpachtung in § 16 Abs. 3b EStG i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes (StVereinfG) 2011 vom 1.11. 2011 (BGBl I 2011, 2131) fand im Streitfall noch keine Anwendung.
Nach den Rechtsprechungsgrundsätzen reicht es für eine gewerbliche Betriebsverpachtung aus, wenn die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände verpachtet werden. Welche der Betriebsgegenstände als wesentliche Betriebsgrundlagen in Betracht kommen, bestimmt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der spezifischen Verhältnisse des betreffenden Betriebs. Maßgebend ist dabei auf die sachlichen Erfordernisse des Betriebs abzustellen (sog. funktionale Betrachtungsweise). Entscheidend sind hierbei die Verhältnisse des verpachtenden, nicht des pachtenden Unternehmens.
Eine Verpachtung wesentlicher Wirtschaftsgüter kann nur dann einer Betriebsverpachtung im Ganzen gleichstehen, wenn der Verpächter bei Beendigung des Pachtverhältnisses den Betrieb wieder in bisheriger Weise fortsetzen könnte. Wird lediglich ein Betriebsgrundstück, ggf. in Verbindung mit Betriebsvorrichtungen, verpachtet, so liegt nur dann eine Betriebsverpachtung vor, wenn das Grundstück die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Für Groß- und Einzelhandelsunternehmen wird nach der neueren BFH-Rechtsprechung angenommen, dass die gewerblich genutzten Räume regelmäßig den wesentlichen Betriebsgegenstand bilden und dem Gewerbe das Gepräge geben - anders als etwa bei dem produzierenden Gewerbe.
Im Streitfall erfüllte die Tätigkeit der P‑GbR nach Ende der Betriebsaufspaltung die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung. Denn die P‑GbR vermietete ihre einzige wesentliche Betriebsgrundlage - das Betriebsgrundstück - weiterhin an die P‑GmbH, ohne eine Betriebsaufgabeerklärung abzugeben.
Dem stand im Streitfall auch nicht entgegen, dass die zuvor bestehende Betriebsaufspaltung eine sog. "unechte" Betriebsaufspaltung war. Während bei einer "echten" Betriebsaufspaltung ein ursprünglich einheitlicher Betrieb des Steuerpflichtigen in ein operativ tätiges Betriebsunternehmen und ein Besitzunternehmen, das dem Betriebsunternehmen wesentliche Teile des Anlagevermögens zur Nutzung überlässt, aufgespalten wird, sind im Fall der "unechten" Betriebsaufspaltung Besitz- und Betriebsunternehmen nicht aus einem einheitlichen Betrieb hervorgegangen.
Der BFH stellte klar, dass beide Arten der Betriebsaufspaltung steuerrechtlich gleich behandelt werden. Das gilt auch für die Anwendung der Grundsätze zur Betriebsverpachtung und dem daraus folgenden Recht, den Betrieb ungeachtet der Einstellung der gewerblichen Tätigkeit fortzuführen und es zu einer Betriebsaufgabe nur bei ausdrücklicher Erklärung kommen zu lassen.
BFH, Urteil vom 17.4.2019, IV R 12/16, veröffentlicht am 16.8.2019.
Verlag Dr. Otto Schmidt
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 6 Abs. 5 Satz 3 Nrn. 2, 3, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, § 16 Abs. 3, Abs. 3b
UmwStG § 24
BGB § 738 Abs. 1 Satz 1
Im Streitfall ging es u.a. um die Frage, ob im Fall der Verpachtung lediglich eines Grundstücks durch eine Besitz- GbR an eine Betriebs- GmbH der Wegfall der personellen Verflechtung durch Vereinigung aller Anteile an der Betriebsgesellschaft in der Hand nur eines Besitzgesellschafters zwingend zur Betriebsaufgabe der Besitz- GbR führt, oder ob die Grundstücksverpachtung als die Aufdeckung der stillen Reserven vermeidende Betriebsverpachtung anzusehen ist.
Der BFH entschied, dass der Wegfall der Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung zwar grundsätzlich zu einer Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 3 EStG führt. Eine Ausnahme hiervon und von der dadurch ausgelösten Zwangsprivatisierung des bisherigen Betriebsvermögens des Besitzunternehmens ist jedoch aufgrund einer zweckgerecht einschränkenden Auslegung des in § 16 Abs. 3 EStG normierten Betriebsaufgabetatbestandes u.a. dann geboten, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Betriebsaufspaltung die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung im Ganzen vorgelegen haben.
Die Verpachtung eines Gewerbebetriebs führt dann nicht zwangsläufig zur Betriebsaufgabe und damit der Aufdeckung der stillen Reserven, wenn der Gewerbetreibende zwar seine werbende Tätigkeit einstellt, aber entweder den Betrieb im Ganzen als geschlossenen Organismus oder zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet und der Steuerpflichtige gegenüber den Finanzbehörden nicht klar und eindeutig die Aufgabe des Betriebs erklärt (sog. Verpächterwahlrecht).
Die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung ergaben sich für den Streitfall noch aus den von der Rechtsprechung des BFH entwickelten Grundsätzen. Die gesetzliche Regelung zur Betriebsverpachtung in § 16 Abs. 3b EStG i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes (StVereinfG) 2011 vom 1.11. 2011 (BGBl I 2011, 2131) fand im Streitfall noch keine Anwendung.
Nach den Rechtsprechungsgrundsätzen reicht es für eine gewerbliche Betriebsverpachtung aus, wenn die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände verpachtet werden. Welche der Betriebsgegenstände als wesentliche Betriebsgrundlagen in Betracht kommen, bestimmt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der spezifischen Verhältnisse des betreffenden Betriebs. Maßgebend ist dabei auf die sachlichen Erfordernisse des Betriebs abzustellen (sog. funktionale Betrachtungsweise). Entscheidend sind hierbei die Verhältnisse des verpachtenden, nicht des pachtenden Unternehmens.
Eine Verpachtung wesentlicher Wirtschaftsgüter kann nur dann einer Betriebsverpachtung im Ganzen gleichstehen, wenn der Verpächter bei Beendigung des Pachtverhältnisses den Betrieb wieder in bisheriger Weise fortsetzen könnte. Wird lediglich ein Betriebsgrundstück, ggf. in Verbindung mit Betriebsvorrichtungen, verpachtet, so liegt nur dann eine Betriebsverpachtung vor, wenn das Grundstück die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Für Groß- und Einzelhandelsunternehmen wird nach der neueren BFH-Rechtsprechung angenommen, dass die gewerblich genutzten Räume regelmäßig den wesentlichen Betriebsgegenstand bilden und dem Gewerbe das Gepräge geben - anders als etwa bei dem produzierenden Gewerbe.
Im Streitfall erfüllte die Tätigkeit der P‑GbR nach Ende der Betriebsaufspaltung die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung. Denn die P‑GbR vermietete ihre einzige wesentliche Betriebsgrundlage - das Betriebsgrundstück - weiterhin an die P‑GmbH, ohne eine Betriebsaufgabeerklärung abzugeben.
Dem stand im Streitfall auch nicht entgegen, dass die zuvor bestehende Betriebsaufspaltung eine sog. "unechte" Betriebsaufspaltung war. Während bei einer "echten" Betriebsaufspaltung ein ursprünglich einheitlicher Betrieb des Steuerpflichtigen in ein operativ tätiges Betriebsunternehmen und ein Besitzunternehmen, das dem Betriebsunternehmen wesentliche Teile des Anlagevermögens zur Nutzung überlässt, aufgespalten wird, sind im Fall der "unechten" Betriebsaufspaltung Besitz- und Betriebsunternehmen nicht aus einem einheitlichen Betrieb hervorgegangen.
Der BFH stellte klar, dass beide Arten der Betriebsaufspaltung steuerrechtlich gleich behandelt werden. Das gilt auch für die Anwendung der Grundsätze zur Betriebsverpachtung und dem daraus folgenden Recht, den Betrieb ungeachtet der Einstellung der gewerblichen Tätigkeit fortzuführen und es zu einer Betriebsaufgabe nur bei ausdrücklicher Erklärung kommen zu lassen.
BFH, Urteil vom 17.4.2019, IV R 12/16, veröffentlicht am 16.8.2019.