21.06.2018

Verrechenbare Verluste bei unentgeltlicher Übertragung eines Teils eines Kommanditanteils

Überträgt ein Kommanditist unentgeltlich einen Teil seiner Beteiligung an der KG, geht der verrechenbare Verlust anteilig auf den Übernehmer über, wenn diesem auch das durch die Beteiligung vermittelte Gewinnbezugsrecht übertragen wird.

Kurzbesprechung
BFH v. 1.3. 2018 - IV R 16/15

EStG § 15a Abs. 2 Satz 1
HGB § 167 Abs. 3, § 169 Abs. 1 Satz 2

Im Streitfall übertrug der Kommanditist einer KG zum 1.1.2007 einen Teil seines Gesellschaftsanteils unentgeltlich auf seine ebenfalls an der KG beteiligt Ehefrau. Zum 31.12. 2006 betrug sein verrechenbarer Verlust u 1. 178.004,39 €.

Das FA ordnete diesen Verlust im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG auf den 31.12. 2007 bis 31.12. 2010 jeweils vollständig dem Ehemann zu. Dagegen wandte sich die KG mit Einsprüchen und machte geltend, dass der für den Ehemannfestgestellte verrechenbare Verlust mit der Teilanteilsübertragung anteilig auf die Ehefrau übergegangen sei.

Diese Rechtsauffassung haben das FG und nachfolgend auch der BFH im Revisionsverfahren bestätigt. Soweit ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht, darf ein Kommanditist den ihm zuzurechnenden Anteil am Verlust der KG einkommensteuerlich erst gewinnmindernd geltend machen, wenn er wirtschaftlich durch den Verlust aus seiner Beteiligung belastet ist. Dies rechtfertigt es bei einer unentgeltlichen Anteilsübertragung, dass ein verrechenbarer Verlust i.S. des § 15a EStG auf den Übernehmer der Beteiligung an einer KG übergeht, der durch diesen Verlust künftig wirtschaftlich belastet wird. Eine solche wirtschaftliche Belastung ist bei einem Übernehmer zu bejahen, dem das durch die Kommanditbeteiligung vermittelte Gewinnbezugsrecht übertragen worden ist. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erfüllt.

Wenn der verrechenbare Verlust nach dem Wortlaut des § 15a Abs. 2 (Satz 1) EStG nur beteiligungsbezogen abgezogen werden darf, muss ein nach einer unentgeltlichen Übertragung verbleibender verrechenbarer Verlust demjenigen zugeordnet werden, der später aus der nämlichen Beteiligung Gewinne erzielt.

Die Zuordnung des verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15a EStG beim Übernehmer des Kommanditanteils hängt allein davon ab, ob das (zukünftige) Gewinnbezugsrecht (Anspruch auf künftige anteilige Zuteilung des Gewinns) auf ihn übergegangen ist. Zwar ist der Kommanditanteil die Zusammenfassung aller mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten des Kommanditisten. Während jedoch mitgliedschaftliche Vermögensrechte, die dem Abspaltungsverbot nach den §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB und § 717 Satz 1 BGB unterliegen, nicht von der Mitgliedschaft gelöst und damit selbständig übertragen werden können, sind nach § 717 Satz 2 BGB sämtliche Vermögensrechte, wozu auch der Anspruch auf einen Anteil am Gewinn der KG zählt, selbständig übertragbar. Deshalb ist im Einzelfall zu prüfen, ob (auch) das Gewinnbezugsrecht auf den Übernehmer übergegangen ist.

Ob der Übernehmer das Gewinnbezugsrecht erhalten hat, bestimmt sich grundsätzlich nach seinem Kapitalanteil. Dieser ist nach dem Regelstatut des HGB für die Rechte des Gesellschafters, insbesondere für die Verteilung des Jahresgewinns, maßgebend. Die entsprechenden handelsrechtlichen Vorschriften sind jedoch weitestgehend abdingbar (vgl. §§ 109, 161 Abs. 2 HGB). Im Allgemeinen sehen die Regelungen im Gesellschaftsvertrag vor, dass sich die entscheidenden Gesellschaftsrechte, insbesondere das Gewinnbezugsrecht, nicht nach dem gesamten Kapitalanteil des einzelnen Gesellschafters, sondern (nur) nach dem sog. festen Kapitalanteil richten, der regelmäßig der sog. bedungenen Einlage entspricht. Dieser feste Kapitalanteil ist üblicherweise auf dem sog. Kapitalkonto I (oder "festes Kapitalkonto") auszuweisen. Demgegenüber bilden andere Kapitalunterkonten (sog. variables Kapitalkonto, Kapitalkonto II oder Privatkonto) in der Regel keine Mitgliedschaftsrechte ab.

Haben der übertragende Kommanditist und der Übernehmer des Anteils den Rückbehalt eines Kapitalunterkontos vereinbart, ist daher durch Auslegung der Vereinbarung zu ermitteln, welche konkreten Rechte und Pflichten nach dem Willen der Vertragsparteien nicht auf den Übernehmer übergehen sollen. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Kommanditanteil im Ganzen oder nur teilweise übertragen wird. Wendet der Kommanditist dem Übernehmer lediglich einen Teil seiner Beteiligung zu, geht der verrechenbare Verlust nach den vorgenannten Maßstäben anteilig auf den Übernehmer über. Denn insoweit trägt der Übernehmer künftig (anteilsmäßig) eine wirtschaftliche Belastung, wenn das entsprechende Gewinnbezugsrecht auf ihn übergegangen ist.

Im Streitfall war das FG zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gewinnbezugsrecht anteilig auf die Ehefrau übergegangen war. Denn nach dem Schenkungsvertrag sollte jedenfalls der (nur) durch das feste Kapitalkonto repräsentierte Gewinnanteil fortan der Ehefrau zustehen. Stand der Anspruch auf anteilige Zuteilung künftiger Gewinne der Ehefrau zu, so kommt es für die Frage des Übergangs eines verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15a EStG auf die Ehefrau auf die buchmäßige Behandlung der streitbefangenen Vorgänge im Einzelnen nicht an. War im Zuge der unentgeltlichen Anteilsübertragung das Gewinnbezugsrecht anteilig auf die Ehefrau übergegangen, so traf sie insoweit die Verpflichtung, künftige Gewinne zum Auffüllen des negativen Kapitalkontos zu verwenden (vgl. §§ 167 Abs. 3, 169 Abs. 1 Satz 2 HGB). Dies rechtfertigt es, der Ehefrau den für den Ehemann gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG festgestellten verrechenbaren Verlust anteilig zuzuordnen.

BFH, Urteil vom 1.3.2018, IV R 16/15, veröffentlicht am 20.6.2018

Verlag Dr. Otto Schmidt