01.02.2018

Versorgungsausgleich: Zu der vom Gericht nach § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist

Wählt die hinsichtlich eines Anrechts i.S.d. Betriebsrentengesetzes ausgleichsberechtigte Person innerhalb einer vom Gericht nach § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist den Ausgleich in die Versorgungsausgleichskasse, liegt darin kein Verzicht auf die Ausübung des Wahlrechts nach § 15 Abs. 1 VersAusglG, sondern lediglich ein Verzicht auf den Ablauf der vom Gericht nach § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist. Informiert die ausgleichsberechtigte Person, die auf den Ablauf der gesetzten Frist zunächst verzichtet hatte, das Gericht vor einer Entscheidung und innerhalb der Frist darüber, dass sie das Wahlrecht nunmehr anderweitig ausgeübt habe, muss das Gericht ihr Gelegenheit geben, bis zum Ablauf der gesetzten Frist die Zustimmung des ausgewählten Versorgungsträgers gem. § 222 Abs. 2 FamFG nachzuweisen.

BGH 13.12.2017, XII ZB 214/16
Der Sachverhalt:
Auf den am 13.6.2015 zugestellten Antrag hat das AG - Familiengericht - die am 15.8.1997 geschlossene Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners rechtskräftig geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Während der gesetzlichen Ehezeit von August 1997 bis Mai 2015 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) hat der Antragsgegner u.a. bei dem A. e.V. (Beteiligter zu 7) ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil i.H.v. rd. 90.000 € erworben.

Auf Verlangen des Versorgungsträgers hat das Familiengericht dieses Anrecht extern geteilt und zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei dem Beteiligten zu 7) ein Anrecht i.H.v. rd. 45.000 €, bezogen auf den 31.5.2015, zu Gunsten der Antragstellerin auf deren Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Beteiligte zu 4) begründet sowie den Beteiligten zu 7) verpflichtet, diesen Betrag nebst Zinsen i.H.v. 2,25 % p.a. und Zinseszinsen ab dem 1.6.2015 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich an die Beteiligte zu 4) zu zahlen.

Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 4) änderte das OLG die Entscheidung dahingehend ab, dass die Versorgungsausgleichskasse (Beteiligte zu 8) als Zielversorgungsträger bestimmt und der Beteiligte zu 7) verpflichtet wird, an diese rd. 45.000 € nebst Zinsen i.H.v. 2,25 % ab dem 1.6.2015 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu zahlen; eine Verpflichtung zur Zahlung von Zinseszinsen hat es abgelehnt. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie die Wiederherstellung der Entscheidung des AG mit der Maßgabe begehrt, dass die C-AG zur Zielversorgung bestimmt wird.

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hob der BGH den Beschluss des OLG auf und verwies die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
die Rechtsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das OLG die innerhalb der vom Gericht nach § 222 Abs. 1 FamFG
gesetzten Frist von der Antragstellerin ausgewählte C. AG nicht als Zielversorgung benannt hat.

Verlangt der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person nach §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 17 VersAusglG die externe Teilung eines Anrechts im Sinne des Betriebsrentengesetzes, steht der ausgleichsberechtigten Person gem. § 15 Abs. 1 VersAusglG ein Wahlrecht hinsichtlich der Zielversorgung zu. Nach § 222 Abs. 1 FamFG ist dieses Wahlrecht in einer vom Gericht zu setzenden Frist auszuüben. Wird das Wahlrecht ausgeübt, hat die ausgleichsberechtigte Person gem. § 222 Abs. 2 FamFG innerhalb der Frist zugleich nachzuweisen, dass der ausgewählte Versorgungsträger mit der vorgesehenen Teilung einverstanden ist. Übt die ausgleichsberechtigte Person dagegen ihr Wahlrecht nicht aus, so erfolgt die externe Teilung eines Anrechts i.S.d. Betriebsrentengesetzes nach § 15 Abs. 5 VersAusglG durch Begründung eines Anrechts bei der Versorgungsausgleichskasse.

Das OLG hatte der Antragstellerin durch Verfügung des Berichterstatters vom 25.2.2016 eine Frist zur Ausübung ihres Wahlrechts bis zum 30.3.2016 gesetzt. Die Antragstellerin hat ihr Wahlrecht durch einen am 29.3.2016 beim OLG eingegangenen Anwaltsschriftsatz vom gleichen Tag, in dem die C-AG als Zielversorgung benannt wurde, nach § 222 Abs. 1 und 2 FamFG wirksam ausgeübt, denn dem Schriftsatz war eine entsprechende Einverständniserklärung der C-AG vom 22.3.2016 beigefügt. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin zuvor mit Anwaltsschriftsatz vom 8.3.2016 mitgeteilt hatte, dass der Ausgleich in der Versorgungsausgleichskasse gewünscht und angeregt werde, die externe Teilung in der Versorgungskasse vorzunehmen. Denn dabei handelt es sich schon nicht um die Ausübung des Wahlrechts nach § 15 Abs. 1 VersAusglG, sondern lediglich um den Verzicht auf den Ablauf der vom OLG nach § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist. Ein solcher Verzicht steht der späteren Ausübung des Wahlrechts nach § 15 Abs. 1 VersAusglG jedenfalls nicht entgegen, solange das Gericht eine Entscheidung in der Sache noch nicht getroffen hat.

Zwar ist die angefochtene Entscheidung ausweislich des Erlassvermerks bereits am 21.3.2016 zur Geschäftsstelle gelangt (§ 38 Abs. 3 FamFG). Indessen rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass die Antragstellerin vor Erlass des Beschlusses mehrfach, unter anderem am 14. und 15.3.2016, auf der Geschäftsstelle des OLG angerufen und um den Ausgleich in der C-AG gebeten habe. Diesem Vorbringen ist das OLG in seinem Beschluss vom 20.4.2016, durch den es eine Berichtigung des hier angefochtenen Beschlusses abgelehnt hat, nicht entgegen getreten. Damit ist dieses Vorbringen für das Rechtsbeschwerdeverfahren als wahr zu unterstellen. Nachdem die Antragstellerin das OLG über die anderweitige Ausübung ihres Wahlrechts informiert hatte, durfte das Gericht im Hinblick auf das aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete allgemeine Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren  nicht mehr vor Ablauf der gem. § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist entscheiden. Unabhängig davon bedarf es selbst für die Ausübung des Wahlrechts nach § 15 Abs. 1 VersAusglG gem. § 114 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 7 FamFG nicht der Vertretung durch einen Rechtsanwalt.

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