01.07.2019

Versperrte Aussicht: Kreuzfahrttypische Kabinenbeschaffenheit begründet keinen Reisemangel

Eine kreuzfahrttypische Lage und Ausstattung der Passagierkabinen auf einem Kreuzfahrtschiff stellt keinen Reisemangel dar. Ist im Katalog angegeben, dass die  Kabinen zum Großteil auf den oberen Decks gelegen sind, so muss der Reisende damit rechnen, dass sich gerade dort üblicherweise Promenadendecks befinden und die Sicht zeitweise durch flanierende Passagiere versperrt ist.

AG Frankfurt a.M. 4.7.2018, 29 C 404/18 (40)
Der Sachverhalt:
Die Klägerin buchte bei der Beklagten die Kreuzfahrt "Lebenstraum Hurtigruten" für sich und ihren Ehemann. Dabei fiel ein Aufpreis von 700 € für die Buchung der Außenkabine "Superior" an. Diese Kategorie wurde im Prospekt der Beklagten wie folgt beschrieben: "Mit malerischem Meerblick: Diese zum Großteil auf den oberen Decks gelegenen Außenkabinen erfreuen Sie neben dem Standardkomfort" mit Tee-/Kaffeezubereitungsmöglichkeit und einem Fenster für das Genießen privater Nordlandmomente!".

Vor dem Fenster der von den Eheleuten bezogenen Kabine befand sich ein Promenadendeck, auf dem die Passagiere - nahe dem Kabinenfenster der Eheleute - das Schiff umrunden konnten. Das Deck war mit einer aus dünnen Metallstreben bestehenden Reling, die im Blickfeld des Kabinenfensters lag, gesichert. Im Innern der Kabine war das Bett am Fußende nur 25 cm von der Kabinenwand entfernt und so hoch, dass die Eheleute darauf sitzend den Boden nicht mit den Füßen berühren konnten. Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin den Preisunterschied zu einer Standard Außenkabine.

Das AG wies die Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Ein Reisemangel liegt nicht vor, da die Kabine über den versprochenen Meerblick verfügte. Ein eingeschränkter Meerblick kann zwar grundsätzlich einen Mangel begründen, vorliegend ließ die Beschaffenheit der Reling aber eine ausreichende Sicht zu. Die Katalogangabe, dass die Kabine über einen "malerischen" Meerblick verfüge, dient erkennbar nur Werbezwecken, verpflichtet aber nicht zu einem in jeder Hinsicht ungehindertem Blick aufs Meer.

Dass andere Passagiere vor dem Fenster entlanglaufen konnten, stellt ebenfalls keinen Reisemangel dar. Weil im Katalog angegeben ist, dass die Superior-Kabinen zum Großteil auf den oberen Decks gelegen sind, musste die Klägerin damit rechnen, dass sich gerade dort üblicherweise Promenadendecks befinden. Die zeitweise durch die flanierenden Passagiere versperrte Sicht ist zwangsläufige Folge des Massencharakters der gebuchten Reise.

Schließlich stellen auch die eingeschränkte Erreichbarkeit des Fußendes des Bettes und dessen erhöhte Position keine Reisemängel dar. Ein erhöhtes Bett ist auf Kreuzfahrten üblich. Der gewonnene Platz wird für die Unterbringung des Gepäcks vorgesehen. Es ist allgemein bekannt, dass die Raumsituation auf Passagierschiffen beengt sind. Darüber hinaus ist Hurtigruten als Postschifflinie dafür bekannt (und wird im Katalog ebenso beschrieben), kein "schwimmendes Luxushotel" zu sein, sodass ein gesteigerter Komfort auch nicht erwartet werden darf.
AG Frankfurt a.M. PM Nr. 7 vom 28.6.2018