26.08.2016

Versteifung des Sprunggelenks: 6.000 € Schmerzensgeld wegen unzureichender Risikoaufklärung

Vor einer Versteifungsoperation des Sprunggelenks (Arthrodese) muss der Arzt seinen Patienten über das Risiko einer Pseudoarthrose aufklären. Versäumt er dies, kann dies ein Schmerzensgeld i.H.v. 6.000 € rechtfertigen.

OLG Hamm 8.7.2016, 26 U 203/15
Der Sachverhalt:
Im Januar 2013 suchte der im Juli 1952 geborene Kläger, von Beruf Metallbaumeister und Berufskraftfahrer, die beklagte ärztliche Gemeinschaftspraxis auf. Er hatte Beschwerden im rechten oberen Sprunggelenk, welches in den 1980er Jahren nach einer Fraktur operativ versorgt worden war. In der beklagten Praxis diagnostizierte man eine Arthrose, die zunächst konservativ behandelt wurde. Nachdem die Behandlung erfolglos blieb, empfahl der behandelnde Arzt dem Kläger eine Versteifungsoperation.

Diese Arthrodese ließ der Kläger im April 2013 durch den Arzt durchführen. In der Folge verwirklichte sich beim Kläger eine Pseudoarthrose, weil die gewünschte knöcherne Konsolidierung ausblieb. Hierdurch entstand eine Spitzfußstellung, die der Kläger im Januar 2014 mit einer Rearthrodese operativ behandeln ließ. Mit der Begründung, die Versteifungsoperation sei behandlungsfehlerhaft ausgeführt und er zuvor nicht ausreichend über die Operationsrisiken aufgeklärt worden, verlangt der Kläger von der beklagten Praxis Schadensersatz, u.a. ein Schmerzensgeld i.H.v. 6.000 €.

Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG das Urteil ab und gab der Klage statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die beklagte Praxis ist aufgrund eines Aufklärungsfehlers zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet.

Die durchgeführte Risikoaufklärung des Klägers ist defizitär, weil nicht mit ausreichender Sicherheit feststellbar ist, dass der Kläger über das erhöhte Risiko einer Pseudoarthrose mit der Folge einer Schraubenlockerung informiert worden ist. Dieses Risiko bestand nach den Angaben des medizinischen Sachverständigen in dem nicht unerheblichen Umfang von 14 Prozent und war deswegen in jedem Fall aufklärungspflichtig. Die für die Aufklärung darlegungs- und beweispflichtige Beklagte konnte die gebotene Aufklärung nicht nachweisen.

Von einer hypothetischen Einwilligung des Klägers ist entgegen der Auffassung des LG nicht auszugehen. Der Kläger hat plausibel dargelegt, dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte. In diesem Fall hätte er sich zumindest nochmals ärztlichen Rat in einer anderen Klinik eingeholt, für die er auch bereits eine Überweisung hatte. Da es sich nicht um eine Bagatelloperation gehandelt hat, ist es durchaus nachvollziehbar, dass ein Patient vor der Operation eine zweite Meinung einholen will.

Ausgehend von der Aufklärungspflichtverletzung ist die von der Beklagten zu verantwortende Operation des Klägers rechtswidrig. Für die mit der Operation verbundenen Schmerzen und das sich danach verwirklichte Risiko der Pseudoarthrose ist das vom Kläger verlangte Schmerzensgeld i.H.v. 6.000 € angemessen.

OLG Hamm PM vom 25.8.2016
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